Rz. 36

Zwingend vorgeschrieben ist notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragschließenden, § 2276 Abs. 1 BGB ("Simultanbeurkundung"). Eine Trennung des Vertrags in Vertragsangebot und Vertragsannahme ist damit ausgeschlossen, zur Vertretung vgl. Rdn 35. Auf den Beurkundungsvorgang finden die Vorschriften über die Errichtung eines öffentlichen Testaments entsprechende Anwendung, § 2276 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB. Erforderlich ist also die Erklärung des letzten Willens oder die Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift mit der Erklärung, dass sie die Verfügung von Todes wegen enthalte, §§ 2231 Nr. 1, 2232, 2233 BGB. Diese Vorschriften gelten sowohl für den Erblasser als auch für den Vertragspartner, der nicht als Erblasser handelt, § 2276 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB. Schließen Ehegatten einen Erbvertrag, den sie mit einem Ehevertrag in einer Urkunde verbinden, so genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form, §§ 2276 Abs. 2, 1410 BGB, wobei jedoch das Erfordernis der Höchstpersönlichkeit (§ 2274 BGB) unberührt bleibt

Der Erbvertrag kann auch in einem gerichtlichen Vergleich geschlossen werden, der handelnde Erblasser muss dabei jedoch persönlich anwesend sein und diesen Vergleich persönlich genehmigen.[35]

Der Umfang des notariellen Formgebots ist umstritten. So führt Kanzleiter aus, dass § 2276 BGB nicht auch für andere Rechtsgeschäfte gilt, selbst dann, wenn sie mit dem Erbvertrag verbunden sind und mit ihm ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden.[36] Nach anderer Auffassung[37] erfordert § 2276 BGB eine Erstreckung des Formerfordernisses nicht nur auf zusätzliche Vereinbarungen, die mit den erbvertraglichen Verfügungen so eng verbunden sind, dass sie miteinander stehen und fallen, sondern auf alle Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit dem Erbvertrag geschlossen werden. Die h.M. bejaht das Formgebot, wenn die Verträge untrennbar untereinander verbunden sind, also eine rechtliche Einheit bilden.[38]

Vgl. zu den weiteren beurkundungsrechtlichen Erfordernissen § 5 Rdn 1 ff.

 

Rz. 37

In § 24 BeurkG wird die in Einzelfällen hinzuzuziehende Vertrauensperson als eine Person beschrieben, die sich mit dem Beteiligten zu verständigen vermag und mit deren Zuziehung er einverstanden ist. Dies werden in den meisten Fällen Angehörige oder dem Testator sonst nahestehende Personen sein.

 

Rz. 38

Die stetig zunehmende Überalterung unserer Gesellschaft und die Möglichkeiten der modernen Medizin, gesundheitlich schwerst geschädigte Menschen – etwa nach Unfällen, bei Schlaganfällen etc. – am Leben zu erhalten, andererseits aber auch die Tatsache, dass die Neigung, in gesunden Tagen letztwillig zu verfügen, kaum zugenommen hat, wird Notare häufiger in die Lage bringen, die letztwillige Verfügung einer mehrfachbehinderten Person beurkunden zu müssen.

Bedenkt man weiter, dass möglicherweise ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag beurkundet werden soll, bei dem nicht nur ein Erblasser, sondern zwei (oder mehrere) Erblasser in der beschriebenen Weise behindert sind, so wachsen die Schwierigkeiten immens.

 

Rz. 39

Mittels Gebärdensprache und der Mithilfe einer Vertrauensperson müssen folgende Dinge zuverlässig geleistet werden:

Prüfung der Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit des Testierenden (§ 11 BeurkG),
Prüfung der Testierfreiheit,
Prüfung der Vermögens- und Familienverhältnisse,
Erforschung des unbeeinflussten Willens (frei von interessierten Dritten),
Belehrung über die rechtliche Tragweite der einzelnen Anordnungen,
bei einem gemeinschaftlichen Testament der Interessenausgleich zwischen beiden Erblassern unter Berücksichtigung der Fragen einer in Betracht kommenden Wechselbezüglichkeit.
[35] OLG Düsseldorf DNotZ 2007, 135 = FGPrax 2007, 27 = RNotZ 2007, 219 = ZErb 2007, 54 = ZEV 2007, 95.
[36] Staudinger/Kanzleiter, § 2276 Rn 17.
[37] NK-BGB/Kornexl, § 2276 Rn 33; Mayer, in: Reimann/Bengel/J. Mayer, § 2276 Rn 40.
[38] BGHZ 101, 393; BGH NJW 1988, 130.

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