1. Rechtslage bis zum Eintritt des Nacherbfalls

 

Rz. 220

Der Erbschein bezeugt nur das Erbrecht des Vorerben, § 352b Abs. 1 BGB. Da der Vorerbe in seiner Verfügungsfreiheit über den Nachlass beschränkt ist, sind sowohl die Anordnung der Nacherbfolge, die Namen der Nacherben als auch das Ereignis, mit dem der Nacherbfall eintritt, anzugeben. Weiterhin ist anzugeben, ob Ersatznacherbfolge angeordnet ist und wer zum Ersatznacherben berufen ist.

 

Rz. 221

Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige eingesetzt, was beim Eintritt des Nacherbfalls übrig sein wird, oder hat er den Vorerben von Verfügungsbeschränkungen befreit, ist auch dieser Umstand im Erbschein anzugeben, § 2136 BGB i.V.m § 352b Abs. 1 S. 2 FamFG.

 

Rz. 222

Da die dem Nacherben zustehende Anwartschaft vererblich oder nicht vererblich sein kann (§ 2108 Abs. 2 BGB), ist im Erbschein ferner aufzuführen, ob das Nacherbenanwartschaftsrecht vererblich ist. Die Praxis beschränkt sich allerdings darauf, nur den Ausschluss der Vererblichkeit im Erbschein anzugeben, weil die Vererblichkeit den Regelfall darstellt.

 

Rz. 223

Hat der Erblasser zur Wahrnehmung der Rechte der Nacherben einen Testamentsvollstrecker eingesetzt, ist dieser in den Erbschein aufzunehmen, § 2222 BGB i.V.m § 352b Abs. 2 FamFG.

 

Rz. 224

Ein Erbschein mit einem Nacherbenvermerk, der den Nacherben bezeichnet und der vermerkt, dass dessen Abkömmlinge als Ersatzerben eingesetzt sind, wird unrichtig, wenn der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls stirbt.[186]

 

Rz. 225

 

Formulierungsbeispiel für einen einem Vorerben erteilten Erbschein

Alleinerbin des am (…) gestorbenen (…), zuletzt wohnhaft in (…),

ist die Witwe (…) geworden.

Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherben sind

1. die Tochter (…)
2. der Sohn (…)
3. die Tochter (…)

je zu einem Drittel.

Ersatznacherben für jeden Nacherben sind dessen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, dann tritt Anwachsung ein. Das Recht der Nacherben ist nicht vererblich. Die Nacherbfolge tritt mit dem Tod des Vorerben ein. Die Nacherben sind auf dasjenige eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem Eintritt der Nacherbfolge übrig ist.

2. Rechtslage nach Eintritt des Nacherbfalls

 

Rz. 226

Für den Erbschein des Nacherben gelten die allgemeinen Bestimmungen.

Mit Eintritt des Nacherbfalls wird der Erbschein des Vorerben unrichtig und ist deshalb einzuziehen, §§ 2139, 2361 BGB. Ab dem Zeitpunkt hat nur noch der Nacherbe das Recht, die Erteilung eines Erbscheins zu beantragen. Zuvor stand ihm dieses Recht nicht zu. Umgekehrt kann der Vorerbe keinen Erbschein mehr beantragen.

 

Rz. 227

 

Praxishinweis

Der Nacherbe ist nicht Erbe des Vorerben, sondern des Erblassers. Entsprechend hat auch der Erbschein zu lauten. Im Erbschein des Nacherben ist außerdem anzugeben, zu welchem Zeitpunkt der Nacherbfall eingetreten ist, damit erkennbar wird, ab wann der Nacherbe Erbe des Erblassers wurde.

Zum Formulierungsbeispiel siehe Rdn 92.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge