Rz. 318

Art. 24 Abs. 1 EuErbVO knüpft an das sog. hypothetische Erbstatut an:[245] Zulässigkeit und Wirksamkeit eines Testaments richten sich nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbaren Recht, wenn der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments verstorben wäre. Daher wird über Art. 21 EuErbVO an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers oder subsidiär an die offensichtlich engere Verbindung angeknüpft. Die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Errichtung des Testaments führt zu einer fortgeltenden Zulässigkeit und Wirksamkeit des Testaments für den Fall der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland. Das Errichtungsstatut versteinert.

 

Rz. 319

Art. 24 Abs. 2 EuErbVO eröffnet die Möglichkeit einer Rechtswahl der anwendbaren Rechtsordnung unter den Voraussetzungen des Art. 22 EuErbVO. Danach kann der Erblasser zwar das Recht seiner Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes wählen. Beide Zeitpunkte fallen jedoch zusammen, weil es allein auf das hypothetische Erbstatut ankommt, also allein auf den Zeitpunkt der Errichtung selbst. Das bedeutet, dass der Erblasser keinen künftigen Zeitpunkt wählen kann.

 

Rz. 320

Möchte der Erblasser die letztwillige Verfügung durch ein neues Testament widerrufen oder ändern, richten sich Zulässigkeit und Wirksamkeit bei unterbliebener Rechtswahl nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Art. 24 Abs. 3 S. 1 EuErbVO verweist insoweit auf Art. 24 Abs. 1 EuErbVO. Hat der Erblasser eine Rechtswahl vorgenommen, kommt es für Zulässigkeit und Wirksamkeit von Widerruf und Änderung der letztwilligen Verfügung auf das gewählte Recht an, Art. 24 Abs. 3 S. 2 EuErbVO.

Davon abzugrenzen ist die Frage, ob das zuvor gewählte Errichtungsstatut die Widerrufbarkeit und Abänderbarkeit zulässt. Diese Frage unterliegt als Teil der Bindungswirkung dem ursprünglichen Errichtungsstatut.[246]

 

Rz. 321

 

Praxishinweis

Der Erblasser kann eine "Doppelwahl" vornehmen: Er kann sowohl das Erbstatut als auch das Errichtungsstatut wählen. Daher sollte bei der Formulierung des Testaments zwischen beiden Möglichkeiten klar getrennt werden. Wünscht der Testator eine doppelte Rechtswahl, ist diese explizit in das Testament aufzunehmen.

[245] Palandt/Thorn, EuErbVO, Art. 24 Rn 1.
[246] Süß, Erbrecht in Europa, § 2 Rn 99.

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