Rz. 176

In den allermeisten Verfahren wird der Erbschein wie beantragt erteilt, weil allein der Antragsteller Beteiligter ist. Ist dagegen die Erbfolge zwischen Erbprätendenten streitig und stellt ein Erbprätendent einen Erbscheinsantrag, wird der andere Erbprätendent sich am Verfahren beteiligen und der Erbscheinserteilung widersprechen.

Für diese Konstellation sieht § 352e Abs. 2 FamFG Besonderheiten bei der Erteilung des Erbscheins vor: Widerspricht der Beschluss dem erklärten Willen eines Beteiligten, ist der Beschluss allen Beteiligten förmlich nach § 41 Abs. 1 FamFG bekanntzugeben, die sofortige Wirksamkeit auszusetzen und die Erteilung des Erbscheins an den Antragsteller bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückzustellen. Auch substanzlose Einwendungen führen zur Zurückstellung des Erbscheins, weil die Norm keine Anforderungen an den geäußerten Willen des Beteiligten stellt. Materiell entspricht ein derartiger Beschluss dem früheren "Vorbescheid".

 

Rz. 177

Die Wirksamkeit des Beschlusses tritt mit seiner Rechtskraft ein. Nach § 63 Abs. 1 FamFG beträgt die Beschwerdefrist einen Monat und beginnt nach § 63 Abs. 3 FamFG mit der Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann der Beschluss nicht an einen Beteiligten bekannt gegeben werden, beginnt die Frist spätestens nach fünf Monaten ab Erlass des Beschlusses zu laufen. Daraus folgt, dass der Erbschein spätestens sechs Monate nach Erlass des Feststellungsbeschlusses erteilt wird, wenn kein Beteiligter Beschwerde gegen den Beschluss einlegt.

 

Rz. 178

Zwar sieht § 17 Abs. 1 FamFG die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand für alle FG-Verfahren vor, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden gehindert ist, die Beschwerdefrist einzuhalten und einen diesbezüglichen Wiedereinsetzungsantrag stellt. Allerdings wird der Erbschein nach Ablauf der Beschwerdefrist erteilt und dem Antragsteller eine Ausfertigung des Erbscheins übermittelt, auf deren Grundlage er Vermögensverfügungen vornehmen kann. Aus diesem Grund kann einem Wiedereinsetzungsantrag nur entsprochen werden, wenn der Antragsteller die Ausfertigung des Erbscheins noch nicht erhalten hat. Ein verspäteter Antrag ist deswegen in die Anregung zur Einziehung des Erbscheins nach § 2361 BGB umzudeuten.[150]

 

Rz. 179

Hat der weitere Erbprätendent es nicht bei Einwendungen gegen den Erbscheinsantrag belassen und einen gegenläufigen Erbscheinsantrag gestellt, erlässt das Nachlassgericht zunächst einen Feststellungsbeschluss bezüglich des Antrags, dem es stattgeben möchte. Ist der Beschluss nach Fristablauf in Rechtskraft erwachsen, weist es den zurückgestellten gegenläufigen Antrag zurück und erteilt den Erbschein durch Übersendung der Ausfertigung.[151]

[150] Keidel/Zimmermann, FamFG, § 352e Rn 101.
[151] Keidel/Zimmermann, FamFG, § 352e Rn 96.

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