Rz. 385

Erwägungsgrund 71 der EuErbVO umschreibt die Beweis- und Vermutungswirkung wie folgt:

Zitat

"Das Zeugnis sollte in sämtlichen Mitgliedstaaten dieselbe Wirkung entfalten. Es sollte zwar als solches keinen vollstreckbaren Titel darstellen, aber Beweiskraft besitzen, und es sollte die Vermutung gelten, dass es die Sachverhalte zutreffend ausweist, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht oder einem anderen auf spezifische Sachverhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurden, wie beispielsweise die materielle Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen. Die Beweiskraft des Zeugnisses sollte sich nicht auf Elemente beziehen, die nicht durch diese Verordnung geregelt werden, wie etwa die Frage des Status oder die Frage, ob ein bestimmter Vermögenswert dem Erblasser gehörte oder nicht. (…)"

 

Rz. 386

Demnach erzeugt das Zeugnis die gleichen Wirkungen wie der Erbschein: Es wird positiv vermutet, dass der Inhalt des Zeugnisses bezogen auf die ausgewiesenen Personen, Rechte und ihre Befugnisse richtig ist. Negativ wird vermutet, dass die benannten Personen keinen außer den aufgeführten Beschränkungen unterliegen. Im Gegensatz zum Erbschein kann mit dem Zeugnis auch die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers nachgewiesen werden, weil dieser in das Zeugnis aufgenommen wird.

Keinesfalls erstreckt sich die Vermutung auf Umstände, die außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung liegen. Zwar kann das Zeugnis nach Art. 68 Buchst. l EuErbVO auch Rechte und Vermögenswerte aufführen, die einem bestimmten Erben zustehen. Allerdings ist die Zuordnung des Eigentums an konkreten Gegenständen der Erbschaft eine sachenrechtliche Vorfrage,[295] sodass Obergerichte bereits derartige informatorische Angaben im Zeugnis für unwirksam erklärt haben.[296]

Zwar enthält die Erbrechtsverordnung keine Regelung zur Widerlegung der Vermutung. Daraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass die Vermutung nicht widerlegbar ist. Vielmehr ist von der Widerlegbarkeit durch Beweis des Gegenteils auszugehen.[297]

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