I. Nachweis des Erbrechts

1. Allgemeines

 

Rz. 1

Möchte der Erbe für den Nachlass Rechte ausüben oder Pflichten wahrnehmen, muss er sein Erbrecht nachweisen und dafür einen Erbschein beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Der erteilte Erbschein stellt für den Erben ein Zeugnis über sein Erbrecht nach § 2353 BGB dar.

2. Banken und Sparkassen

 

Rz. 2

Hat der Erblasser den Erben über den Tod hinaus bzw. mit Wirkung ab dem Todesfall bevollmächtigt, kann diese Vollmacht einen Erbschein ersetzen. Hauptanwendungsfall ist die Bankvollmacht, die zur Verfügung über das Konto des Erblassers berechtigt, solange sie nicht vom Erben selbst oder vom Miterben, dann nur mit Wirkung für und gegen diesen, widerrufen wird. Besteht das Nachlassvermögen im Wesentlichen aus Bankguthaben, genügt regelmäßig eine solche kostensparende Vollmacht zur Abwicklung des Nachlasses.

 

Rz. 3

Nach Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen ist entweder eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung, mit der der Erblasser den Erben eingesetzt hat, sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorzulegen, um Zugriff auf das Konto des Erblassers zu erhalten. Hat die Bank oder Sparkasse Kenntnis der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung oder ist ihr diese infolge Fahrlässigkeit unbekannt, gilt die Nachweiserleichterung nicht, sodass die Vorlage eines Erbscheins erforderlich wird.

 

Rz. 4

Der BGH hat mit Urteil vom 5.4.2016 klargestellt, dass der Erbe gegenüber einer Bank oder Sparkasse sein Erbrecht auch durch Vorlage der beglaubigten Ablichtung eines privatschriftlichen Testaments nebst beglaubigter Abschrift des Eröffnungsprotokolls nachweisen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit belegt.[1]

Zitat

"Aufgrund dessen ist es bei Vorlage einer beglaubigten Ablichtung eines eigenhändigen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls (§ 2259 Abs. 1 BGB, § 348 Abs. 1 S. 2 FamFG) eine Frage des Einzelfalls, ob dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist. Eine gesteigerte Auslegungspflicht der Bank besteht allerdings nicht. Andererseits berechtigen lediglich abstrakte Zweifel die Bank nicht dazu, einen Erbschein zu verlangen. Nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder sich weitere Unterlagen, wie z.B. das Familienstammbuch oder einen Erbschein, vorlegen zu lassen (vgl. Bunte, AGB Banken, 4. Aufl., Rn 103; Werkmüller, BKR 2005, 318, 319)."

Die vorhergehende Entscheidung des BGH,[2] die allein die Vorlage der Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift eines notariellen Testaments zum Nachweis der Erbfolge anstelle eines Erbscheins hat ausreichen lassen, ist damit für die Fälle überholt, in denen der Erbe eindeutig aus der privatschriftlichen letztwilligen Verfügung hervorgeht. Ist die Erbeinsetzung dagegen nicht eindeutig erkennbar, werden sich Banken und Sparkassen weder mit einem privatschriftlichen noch einem notariellen Testament begnügen, sondern die Vorlage der Ausfertigung oder zumindest beglaubigten Abschrift eines Erbscheins verlangen.

3. Lebensversicherung

 

Rz. 5

Zur Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Lebensversicherung kann der Versicherer nach § 7 AVB Lebensversicherung (Muster des GDV) stets die Vorlage des Versicherungsscheins, der Sterbeurkunde und einer ausführlichen ärztlichen oder amtlichen Bescheinigung zum Beginn und Verlauf der Krankheit verlangen, die zum Tod der versicherten Person geführt hat.

 

Rz. 6

Nach § 9 AVB Lebensversicherung bestimmt der Versicherungsnehmer, wer die Leistung im Versicherungsfall erhält. Hat er keine bezugsberechtigte Person benannt, fällt der Auszahlungsanspruch in den Nachlass, wenn die versicherte Person während der Laufzeit der Lebensversicherung verstirbt; der Erbe hat zum Nachweis seiner Empfangsberechtigung regelmäßig einen Erbschein vorzulegen.[3] Ist dagegen ein Bezugsberechtigter unwiderruflich benannt, steht diesem die Versicherungssumme mit dem Tod der versicherten Person zu. Bei einer widerruflichen Bezugsberechtigung gilt das Gleiche, wenn der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung bis zu seinem Tod nicht widerrufen hat und auch der Erbe das Bezugsrecht nicht bis zur Kenntnis des Bezugsberechtigten widerruft. Gegenüber dem im Versicherungsschein benannten Bezugsberechtigten kann der Versicherer die Versicherungsleistung stets erbringen, ohne dass ein erbrechtlicher Nachweis vorgelegt werden muss. Denn dann kommt es auf die Erbenstellung nicht an.

[3] Palandt/Weidlich, § 2353 Rn 76.

4. Grundbuchamt

 

Rz. 7

Befindet sich ein Grundstück im Nachlass und möchte der Erbe das Grundbuch berichtigen, ist gegenüber dem Grundbuchamt das Erbrecht nachzuweisen. Dies geschieht regelmäßig durch Vorlage der Ausfertigung eines Erbscheins oder eines Euro...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge