Rz. 338

Das Formstatut ist in Art. 27 EuErbVO geregelt. Allerdings bestimmt Art. 75 Abs. 1 EuErbVO den Vorrang des Haager Testamentsformübereinkommens für das auf die Form einer Verfügung von Todes wegen anwendbare Recht, sodass es seinem Anwendungsbereich nach für Deutschland als Mitgliedstaat maßgeblich ist. Hierzu gehören Testamente und gemeinschaftliche Testamente gem. Art. 1, 4 HTestformÜ. Art. 1 Abs. 2 Buchst. f EuErbVO nimmt die Formgültigkeit mündlicher Verfügungen von Todes wegen vom Anwendungsbereich der Verordnung aus, sodass sich das diesbezügliche Formstatut nicht über Art. 75 Abs. 1 EuErbVO, sondern unmittelbar aus Art. 10 HTestformÜ für Deutschland ergibt. Denn Deutschland hat von dem Vorbehalt der Nichtanerkennung mündlicher letztwilliger Verfügungen keinen Gebrauch gemacht.[258]

 

Rz. 339

Art. 5 HTestformÜ (bzw. der ähnlich formulierte Art. 27 Abs. 3 EuErbVO) konkretisiert die Reichweite des Formstatuts weiter. Es gilt insbesondere zur Bestimmung, ob Minderjährige zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung auf eine bestimmte Errichtungsform beschränkt sind (Erwägungsgrund 53) oder ob sie Zeugen eines mündlichen Testaments sein können. Im Hinblick auf die Möglichkeit, durch gemeinschaftliches Testament letztwillig zu verfügen, kommt das Formstatut und nicht das Errichtungsstatut zur Anwendung (siehe Rdn 315).

 

Rz. 340

Dem Formstatut unterliegen nicht nur die Voraussetzungen für die formgerechte Errichtung einer letztwilligen Verfügung, sondern auch die Feststellung der Formnichtigkeit (z.B. Verletzung der Pflicht zur Angabe des Errichtungsortes und -tags). Die sich daraus ergebenden Folgen für das Erbrecht unterstehen jedoch dem Erbstatut (z.B. Eintritt gesetzlicher Erbfolge).[259]

 

Rz. 341

Art. 1 HTestformÜ knüpft das anwendbare Formstatut an fünf alternative Tatbestände an:

Staat, in dem der Erblasser letztwilligt verfügt
Staat, dessen Angehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung hat oder im Zeitpunkt seines Todes haben wird
Staat, in dem der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung seinen Wohnsitz gehabt hat oder im Zeitpunkt seines Todes haben wird
Staat, in dem der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat
Staat, in dem das unbewegliche Vermögen liegt.
 

Rz. 342

Diese fünf Anknüpfungspunkte wiederholt Art. 27 Abs. 1 Buchst. ad EuErbVO weitgehend, sodass sich aus deutscher Sicht für die Bestimmung des Formstatuts eines Erbvertrages keine Besonderheiten ergeben.

[258] JurisPK-BGB/Nordmeier, EuErbVO, Art. 27 Rn 12.
[259] Dutta/Weber/Süß, EuErbVO, Art. 27 Rn 119, 122.

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