Rz. 246

Selbst wenn ein Erbschein inhaltlich richtig ist, kann er aus formellen Gründen, also dann, wenn er verfahrensrechtlich nicht hätte erteilt werden dürfen, unrichtig sein. Allerdings wird dies nur bei gravierenden Verfahrensfehlern angenommen.[195] Gründe für eine formelle Unrichtigkeit können sein:

Fehlender Erbscheinsantrag. Allerdings kann ein Antragsberechtigter die Erteilung nachträglich genehmigen.
Örtliche Unzuständigkeit des den Erbschein erteilenden Nachlassgerichts. In einem solchen Fall muss verhindert werden, dass von dem tatsächlich zuständigen Gericht ein weiterer Erbschein – mit möglicherweise abweichendem Inhalt – erteilt wird. Trotz der Vorschrift des § 2 Abs. 3 FamFG ist der Erbschein einzuziehen.[196]
Funktionelle Unzuständigkeit des Rechtspflegers. Erteilt der Rechtspfleger einen Erbschein, obwohl er dazu funktionell nicht zuständig gewesen wäre, ist der Erbschein auch dann einzuziehen, wenn nach § 16 Abs. 2 RPflG der Richter die Aufgabe dem Rechtspfleger hätte übertragen können.[197]
Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) führt nicht zur Einziehung des Erbscheins, weil der Mangel durch Nachholung geheilt werden kann.
Unrichtige Angabe des Berufungsgrundes im Erbschein führt nicht zu dessen Einziehung, sondern zur Berichtigung analog § 319 Abs. 1 ZPO.[198]
[195] Palandt/Weidlich, § 2361 Rn 3.
[196] BayObLG, Beschl. v. 8.12.1980 – 1 Z 96/80, Rpfleger 1981, 113.
[197] Palandt/Weidlich, § 2361 Rn 3.
[198] LG Koblenz, Beschl. v. 19.6.2000 – 2 T 267/00, Rpfleger 2000, 502.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge