Rz. 33
Die Bereitschaft der Staatsanwaltschaften, Anklage wegen Parteiverrats nach § 356 StGB zu erheben, ist offensichtlich gering, was an der gesetzlich normierten Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe[71] liegen mag.[72] Die Gefahr einer Verurteilung ist noch geringer wie der nachfolgende statistische Überblick zeigt:[73]
Rz. 34
Statistischer Überblick
Das Statistische Bundesamt nennt für 2015 bundesweit 24 Fälle, in denen wegen Parteiverrats ein Strafbefehl erlassen oder Anklage erhoben wurde.[74] In lediglich 8 Fällen kam es 2015 auch zu einer Verurteilung des Angeklagten, davon in 4 Fällen zu einer Freiheitsstrafe, in den übrigen 4 Fällen zu einer Geldstrafe.[75]
2014 werden 28 Fälle genannt.[76] Hiervon waren 10 Verurteilungen und 18 "andere Entscheidungen" (Freispruch, Einstellung, Absehen von Strafe[77]).[78] Zwei Urteile endeten im Jahr 2014 mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe zwischen 10 bis 25 Tagessätzen, eine Verurteilung lag zwischen 25 und 50 Tagessätzen, die übrigen Verurteilungen lauteten auf Geldstrafen mit mehr als 50 Tagessätzen,[79] davon wurden zwei Personen mit Strafvorbehalt gem. § 59 StGB zu Geldstrafen zwischen 31 und 90 Tagessätzen verurteilt.[80]
2013 werden 22 Fälle ausgewiesen.[81] Es werden keinerlei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen genannt,[82] sondern lediglich insgesamt 6 Verurteilungen,[83] davon in einem Fall mit mehr als 50 Tagessätzen, die übrigen zwischen 25 und 50 Tagesätzen.[84]
Rz. 35
Statistisch betrachtet ist es für einen Rechtsanwalt somit äußerst unwahrscheinlich wegen Parteiverrats in tieferen Kontakt mit der Strafjustiz zu gelangen, angeklagt oder gar verurteilt zu werden. Die vorgenannten Zahlen werden die tatsächlichen Taten allerdings kaum realistisch wiedergeben, die Dunkelziffer wird um einen vielfaches darüber liegen.[85] Daneben dürfen aber auch die Belastungen eines Strafverfahrens nicht übersehen werden, selbst wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt wird. Beispielsweise war in München die Staatsanwaltschaft schnell bereit, für die Kanzlei eines Rechtsanwalts einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen (den das Amtsgericht ebenso kritiklos erteilt hat). Die Durchsuchung der Kanzlei sowie die Beschlagnahme zahlreicher Dokumente, des gesamten E-Mail-Verkehrs und "sämtlicher Speichermedien" wurden vom Landgericht nicht beanstandet,[86] obgleich schon der vom anzeigenden Vormundschaftsrichter mitgeteilte Sachverhalt[87] objektiv keinerlei Verdachtsmoment für eine Interessenkollision offenbarte.[88]
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