Rz. 165

Ist der Minderjährige durch den Erbfall Gesellschafter einer GmbH geworden und ist er Alleinerbe, so werden seine Gesellschafterrechte durch seine gesetzlichen Vertreter wahrgenommen. Kommt es zu Beschlüssen i.R.d. Satzung (auch zu Geschäftsführungsmaßnahmen sowie dem Jahresabschluss), so ist § 181 BGB auch unanwendbar, wenn die gesetzlichen Vertreter selbst Gesellschafter sind.

 

Rz. 166

Allerdings besteht ein Vertretungsverbot bei Beschlüssen, die das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffen (wie z.B. bzgl. Satzungsänderung, Auflösungsbeschluss, Ausschlussbeschluss oder Fortsetzung der Gesellschaft). In diesen Fällen ist nach Maßgabe des § 1909 BGB ein Pfleger zu bestellen.

 

Rz. 167

Ist der gesetzliche Vertreter z.B. selbst Geschäftsführer oder soll er dazu bestellt werden, besteht nach § 181 BGB ein Mitwirkungsverbot. Dies soll aufgrund einer Interessenkollision sogar dann gelten, wenn die Satzung selbst eine Befreiung von § 181 BGB vorsieht.[257]

 

Rz. 168

Wird der Gesellschaftsanteil an mehrere Erben vererbt, kommt es zur Kollision mit der Vorschrift des § 18 Abs. 1 GmbHG, wonach nur einheitlich die Rechte ausgeübt werden dürfen. Die Rspr.[258] hat den Konflikt zwischen den Abstimmungsquoten in der Erbengemeinschaft und § 18 GmbHG dahingehend gelöst, dass die Mehrheit nach Anteilen ermächtigt ist, zur Ausführung der Beschlüsse der Erbengemeinschaft für diese auch im Außenverhältnis zu handeln. Somit ist es ausreichend, wenn die Mehrheit handelt, statt dass alle Miterben mitwirken müssen.

 

Rz. 169

In der Praxis traten am häufigsten mit den §§ 1822 Nr. 3 und 10 BGB a.F. Probleme auf, die nun durch die Vorschriften der §§ 1852, 1854 Nr. 4 BGB n.F. ersetzt, aber im Wortlaut kaum verändert wurden.

Genehmigungspflichtig ist ein Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb eines Erwerbsgeschäfts oder auf dessen Veräußerung zielt, sowie Gesellschaftsverträge, die zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen werden.

Unter Erwerbsgeschäft versteht man jede auf selbstständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit einschließlich wissenschaftlicher, künstlerischer oder landwirtschaftlicher Tätigkeiten.[259] Private Vermögensverwaltung begründet für sich genommen kein Erwerbsgeschäft, allerdings neigt die Rechtsprechung[260] dazu, dies dennoch für die Fälle anzunehmen, bei denen werthaltige Immobilien größere Mieteinnahmen erwarten lassen.

§ 1854 Nr. 4 BGB n.F. (§ 1822 Nr. 10 BGB a.F.) begründet die Genehmigungspflicht für die rechtsgeschäftliche Übernahme einer Verbindlichkeit. Der Beitritt zu einer Genossenschaft bedeutet keine Übernahme einer Verbindlichkeit, weil § 105 GenG eine eigene Verbindlichkeit der Genossen begründet.[261] Gleiches gilt für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftung.

 

Rz. 170

Eine Ausnahme von der Genehmigungsfreiheit besteht regelmäßig dann, wenn es zu einem Erwerb sämtlicher GmbH-Geschäftsanteile kommt.[262] Ferner hat der BGH eine Genehmigungspflicht (bei lebzeitiger Übertragung) angenommen, wenn eine "wirtschaftliche Beteiligung" erworben wird, die über eine bloße Kapitalbeteiligung hinausgeht.[263] Die Neuregelung schafft nun etwas mehr Klarheit. Nach § 1852 Nr. 1 lit. b BGB n.F. sind nun Erwerb und Veräußerung von GmbH-Anteilen ausnahmslos genehmigungspflichtig.

 

Rz. 171

Soll der Minderjährige einer GmbH beitreten, kann § 1854 Nr. 4 BGB relevant werden, wenn die Gesellschaft kein Erwerbsgeschäft betreibt. Die Frage ist zu bejahen, wenn der Minderjährige anlässlich der Gründung bzw. durch späteren Anteilserwerb für fremde Schuld haftet und beim säumigen Gesellschafter Rückgriff nehmen kann, §§ 16 Abs. 3, 24 GmbHG.[264] Der BGH verneint das Genehmigungserfordernis mit Rücksicht auf eine spätere Deckungspflicht, wenn die Inanspruchnahme aus §§ 24, 31 Abs. 3, 4 GmbHG eine nur entfernte Möglichkeit ist.[265]

Der Erwerb von Aktien gilt nicht als handels- oder gesellschaftsrechtliches Geschäft, sondern wird als Erwerb von Wertpapieren angesehen.[266] Der Aktienerwerb soll somit zukünftig (nur) nach Maßgabe des § 1849 BGB n.F. genehmigungsbedürftig sein.[267]

[257] Damrau, Der Minderjährige im Erbrecht, Rn 400.
[258] BGHZ 56, 47; ebenso Soergel/Wolf, § 2038 Rn 11.
[259] BayObLG FamRZ 1996, 121; Staudinger/Veit, § 1822, Rn 43; Grüneberg/Götz, § 1822, Rn 5.
[260] BayObLG FamRZ 1996, 121.
[261] Erman/Saar, § 1822 Nr. 10; BGH 41, 71; Staudinger/Veit, § 1822 Rn 140; Grüneberg/Götz, § 1822 Rn 22; a.A. OLG Braunschweig FamRZ 1963, 657; Paulick, FamRZ 1964, 207; Rehbinder, NJW 1964, 1132; differenzierend Brüggemann, FamRZ 1990, 125.
[262] Dazu Staake/Weinmann, RFamU 2022 496.
[263] BGH FamRZ 1957, 121 (z.B. bei Beteiligung über 50 %).
[264] Erman/Saar, § 1822 Nr. 10; Staudinger/Veit, § 1822 Rn 137; MüKo/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn 65; Soergel/Zimmermann, § 1822 Rn 42; Gernhuber/Coester-Waltjen, § 60 IV 10; Brüggemann, FamRZ 1990, 125; a.A. Winkler, ZGR 1973, 183.
[265] BGHZ 107, 24.
[266] RegE BT-Drucks 19/24445, 288.
[267] Staake/Weinmann, RFamU 2022, 497.

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