Rz. 14

Auch nach einer Scheidung kann ein Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch gegen die Erben des unterhaltspflichtigen Erblassers nach Maßgabe der §§ 15691586b, 1933 S. 3 BGB beibehalten, obwohl sein Erbrecht nach § 1933 S. 1 BGB erlischt.

Nachfolgend werden die Auswirkungen des Todes auf einige Unterhaltsansprüche kurz beleuchtet.

I. Anspruch der werdenden Mutter eines Erben

 

Rz. 15

Die werdende Mutter hat nach Maßgabe des § 1963 BGB einen Unterhaltsanspruch, der eine Nachlassverbindlichkeit darstellt.[21] Er besteht gegenüber dem Erbteil des Kindes, nicht gegen den Vater des Kindes.

 

Rz. 16

Der Unterhaltsanspruch besteht jedoch dann nicht, wenn der nasciturus lediglich Vermächtnisnehmer oder nur Pflichtteilsberechtigter ist. Die Mutter kann Unterhalt bis zur Entbindung, nicht aber darüber hinaus (Wochenbettkosten) geltend machen.[22]

 

Rz. 17

Geschuldet wird der angemessene Unterhalt. In diesem Zusammenhang sind die Vorschriften zur Verwandtenunterhaltspflicht (§§ 1612 Abs. 1 und Abs. 3, 1614 BGB) analog anwendbar, wobei entgegen § 1613 BGB auch Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann.[23]

 

Rz. 18

Sofern die werdende Mutter einen Anspruch aus § 1615l BGB gegen den Vater hat, der selbst nicht Erblasser ist, so ist der Anspruch aus § 1963 BGB subsidiär, zumal hierdurch das Kindesvermögen belastet wird.

Ist der Vater Erblasser, ist ebenfalls § 1963 BGB subsidiär.

[21] MüKo/Leipold, § 1963 Rn 7.
[22] MüKo/Leipold, § 1963 Rn 5.
[23] Grüneberg/Weidlich, § 1963 Rn 2; MüKo/Leipold, § 1963 Rn 6; Staudinger/Mesina, § 1963 Rn 6; a.A. RGRK/Johannsen, § 1963 Rn 6.

II. Anspruch der Mutter und des Vaters aus Anlass der Geburt

 

Rz. 19

Die Mutter hat gegen den Vater des Kindes nach § 1615l Abs. 1 S. 1 BGB einen Unterhaltsanspruch aus Anlass der Geburt für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes. Darüber hinaus besteht ein Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB. Nach § 1615l Abs. 3 S. 4 BGB erlischt dieser Anspruch nicht mit dem Tode des Vaters. Dann haften wegen § 1967 BGB die Erben.

III. Tod des Unterhaltspflichtigen/-berechtigten bei Verwandten- und Geschiedenenunterhalt

 

Rz. 20

Mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen erlischt nach § 1615 Abs. 1 S. 1 BGB der Anspruch auf Verwandtenunterhalt. Die Erben müssen nur dann einen Verwandtenunterhalt als Nachlassverbindlichkeit ausgleichen, wenn er auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit gerichtet ist, vgl. § 1613 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 21

Gleiches gilt für den Ehegatten- und Geschiedenenunterhalt. Wenn der Ehegatte allerdings nach § 1933 BGB nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags sein Erb- und Pflichtteilsrecht verliert, kann ihm wegen § 1933 S. 3 BGB ein nachehelicher Unterhaltsanspruch aus den §§ 15691586b BGB zustehen.

 

Rz. 22

Nach § 1586 BGB erlischt mit der Wiederheirat, der Begründung einer Lebenspartnerschaft oder dem Tod des Berechtigten der Unterhaltsanspruch des Geschiedenen. Nach § 1586 Abs. 2 BGB bleiben hingegen Rückstände oder Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung bestehen. Das Gleiche gilt für den Anspruch auf den zurzeit des Todes fälligen Monatsbetrag.

 

Rz. 23

Nach § 1586b BGB geht die Unterhaltspflicht nach dem Tod des Verpflichteten auf die Erben als Nachlassverbindlichkeit über.

Obwohl es sich um einen familienrechtlichen Unterhaltsanspruch handelt, und der Berechtigte diesen nicht als Rechtsnachfolger erhält, ist eine Umschreibung eines alten Titels nach der Rspr. des BGH möglich.[24] Es muss also nicht nach § 1586b BGB neu geklagt werden.

[24] Entgegen zahlreicher Stimmen in der Lit. jetzt so ausdrücklich: BGH, Beschl. v. 4.8.2004 – XII ZB 38/04 und nun auch die ganz überwiegende Auffassung in der Lit. für viele: MüKo/Maurer, § 1586b Rn 44, 45.

IV. Ausbildungsanspruch der Stiefkinder

 

Rz. 24

Häufig übersehen wird auch der sog. Ausbildungsanspruch der Stiefkinder des überlebenden Ehegatten nach § 1371 Abs. 4 BGB, der jedoch nur bei der erbrechtlichen Lösung besteht. Danach haben die erbberechtigten Abkömmlinge, die nicht aus der durch Tod aufgelösten Ehe stammen, einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Ausbildung. Die Haftungsgrenze ist dabei das (zusätzliche) Viertel der Erbschaft aus § 1371 Abs. 1 BGB.

Voraussetzung ist ferner, dass die Abkömmlinge nicht in der Lage sind, selbst die Ausbildungskosten zu tragen. Im Einzelnen umstritten sind dabei die Probleme, ob und inwieweit eigenes Vermögen der Stiefkinder einzusetzen ist und ob Unterhaltsansprüche gegen Dritte den Ausbildungsanspruch reduzieren können.[25]

 

Rz. 25

Der Erbe bzw. Stiefelternteil kann sich somit nur durch eine Ausschlagung und damit durch eine Flucht in die güterrechtliche Lösung von der Verpflichtung zur Zahlung dieses Unterhalts befreien.

 

Rz. 26

Der Erblasser kann selbst nicht diesen Unterhaltsanspruch zu Lebzeiten vertraglich mit den Abkömmlingen ausschließen (§ 1614 Abs. 1 BGB). Möglich ist lediglich ein Verzicht auf die bereits entstandene Forderung durch die Abkömmlinge gegenüber dem überlebenden Stiefelternteil.

 

Praxishinweis

Bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge sollte der überlebende Ehegatte bei einer sog. Patchwork-Familie darauf achten, ob er sich nicht bei einer Ausschlagung wirtschaftlich besser steht, wenn tatsächlich ein Ausbildungsanspru...

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