Rz. 29

Der sicherlich komplizierteste Baustein der UHV dürfte Ziff. 2.6 UHV sein. Das dort versicherte sog. Umweltprodukterisiko befasst sich – im Gegensatz zu den vorgenannten Bausteinen – nicht mit einem besonderen, aus der Inhaberschaft einer Anlage resultierenden Risiko, sondern mit einem konkreten Liefer- bzw. Herstellungs- oder Dienstleistungsrisiko.

 

Rz. 30

Dieser Baustein ist in besonderer Weise gemeinsam zu lesen mit dem Ausschlussgrund nach Ziff. 7.10 AHB. Dort sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung ausgeschlossen (sog. Nullstellung), was allerdings nicht gilt für Schäden, die durch vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse (auch Abfälle), durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen (Produkthaftpflicht). Dieser "Wiedereinschluss" der Liefer- und Tätigkeitsschäden findet dann innerhalb der AHB allerdings eine weitere Korrektur dadurch, dass erneut kein Versicherungsschutz besteht für Schäden durch Umwelteinwirkung, die aus der Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von solchen Anlagen entstehen, die in den zuvor beschriebenen Bausteinen gemäß Ziff. 2.1 bis Ziff. 2.5 UHV erfasst sind. Damit ist für diejenigen Versicherungsnehmer, die nicht Betreiber einer für die UHV versicherungstechnisch gedeckten Anlage sind, ein umfassender Versicherungsschutz ohne gesonderte UHV nur dann gegeben, wenn und soweit sich deren vertragliche Leistungen (Lieferung, Dienstleistung) nicht auf Umweltanlagen beziehen.

 

Rz. 31

Liefert der Versicherungsnehmer als Teilzulieferer ein Produkt, welches letztendlich in einem Endprodukt verbaut wird, welches keine Anlage im Sinne der Ziff. 2.1 bis 2.5 UHV darstellt, ist ihm Versicherungsschutz zu gewähren unter den AHB bzw. dem Produkthaftpflichtmodell. Liefert der gleiche Zulieferer sein Produkt allerdings als Bauteil für eine Umweltanlage, greift der Deckungsausschluss von Ziff. 7.10 AHB, soweit die Zulieferteile ersichtlich für solche Anlagen bestimmt sind. Der Versicherungsschutz wird damit letztlich davon abhängig gemacht, ob erkennbar ein umweltrelevanter Bereich durch das zugelieferte Teil oder aber auch sonstige Planungs- oder weitere Dienstleistungen gesetzt wird. Nicht unter diesen Bereich fallen indes Werkzeuge, die zur Erstellung einer Anlage benötigt werden.[19]

 

Rz. 32

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob es für die "Ersichtlichkeit" des Einsatzes in Umweltanlagen auf ein objektives oder ein subjektives Verständnis ankommt. Dies ist dann entscheidend, wenn beispielsweise der Hersteller von Zulieferteilen diese bislang als Standardprodukt (z.B. Schrauben) für sämtliche Einsatzbereiche verkauft hat und nunmehr eine Beauftragung erhält, in der der Besteller den Einsatzzweck offen legt. Beim objektiven Verständnis wäre festzuhalten, dass die Schrauben nicht aus sich heraus "ersichtlich" für eine Umweltanlage bestimmt sind und damit der Deckungsschutz nach AHB/Produkthaftpflichtmodell greifen müsste. Subjektiv auslegend wäre das Wissen des Versicherungsnehmers vom Einsatzzweck in einer Umweltanlage nunmehr versicherungsfeindlich und würde zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Zutreffenderweise dürfte anzunehmen sein, dass – trotz AGB-rechtlicher Bedenken insbesondere in Bezug auf § 305 c Abs. 2 BGB – das subjektive Verständnis maßgeblich ist. Der Versicherungsnehmer erkennt durch die Bestellung seines Abnehmers und der Kenntnis vom Einsatzzweck, dass dann eine Erhöhung seines Haftungsrisikos gegeben ist. Dieses erhöhte Haftungsrisiko ist dem Versicherer nicht möglich in seine Kalkulation einzuplanen, weshalb er nicht einer Deckungsverpflichtung unterliegen kann.

 

Rz. 33

Auf den vorgenannten Versicherungsausschlüssen aufbauend schließt der Baustein Ziff. 2.6 UHV nunmehr die Fälle ein, in denen der Versicherungsausschluss nach Ziff. 7.10 AHB tatsächlich durchgreift. Auf Grund des Systems von Ausschluss und Wiedereinschluss, erneutem Ausschluss und erneutem Wiedereinschluss in Ziff. 7.10 AHB sind im Einzelfall die Streitigkeiten über die Frage des Deckungsschutzes vorprogrammiert.

[19] Vgl. Terbille/Fränzer, § 16 Rn 61.

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