I. Einleitung

 

Rz. 80

 

Übersicht

Deliktsstruktur – § 370 AO

Objektiv: Täuschung – dadurch irrtümliche Steuerfestsetzung – dadurch Steuerverkürzung

Subjektiv: Vorsatz; bei bloßer Leichtfertigkeit greift § 378 AO (Ordnungswidrigkeit)

Vergehenstatbestand – § 370 AO

Abs. 1:

Tathandlung:

Nr. 1: positives Tun
Nr. 2/3: Pflichtwidriges Unterlassen

Kausale Verursachung des Taterfolges:

Steuerverkürzung
Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile

Vorsatz

Abs. 2: Versuchsstrafbarkeit, § 22 StGB

Abs. 3: Besonders schwere Fälle (Regelbeispiele):

Steuerverkürzung oder Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile in großem Ausmaß
Missbrauch durch Amtsträger
Ausnutzen des Missbrauchs durch Amtsträger
Fortgesetzte Steuerverkürzungen/Steuervorteilserlangung durch nachgemachte oder verfälschte Belege
Fortgesetzte Umsatzsteuer-/Verbrauchsteuerverkürzung als Mitglied einer Bande

Abs. 4:

Legaldefinition des Verkürzungserfolges
Anordnung des Kompensationsverbotes (keine Saldierung von (beispielsweise vergessenen) tatsächlichen Aufwendungen mit Verkürzungsbeträgen
 

Rz. 81

Nicht erst seit dem Ankauf von CDs mit gestohlenen Daten liechtensteinischer Bankkunden und den weiteren Ankäufen von Datensammlungen etwa aus der Schweiz ist die "Vertreibung aus dem ("Steuer"-)Paradies"[139] in vollem Gange. Auch im Übrigen ist im digitalen Zeitalter das Risiko der Entdeckung deutlich gestiegen. Dennoch sind nicht selten Fälle anzutreffen, in denen Steuerpflichtige namhaftes Vermögen beiseite geschafft haben, das bis zum Eintritt des Erbfalls nicht legalisiert wurde. Aus den fehlenden Mitteilungspflichten ausländischer Banken und der mit Steuerhinterziehung regelmäßig verbundenen Heimlichkeit der Anlage resultiert zunächst das Problem für die Erben, das fragliche Vermögen überhaupt zu finden. Ist dies gelungen, so wird die Erbengemeinschaft auf eine harte Probe gestellt; einerseits wird von dem üppigen Schwarzgeldkonto nunmehr wenig übrig bleiben, nachdem die noch nicht festsetzungsverjährten Jahre berichtigt, die anfallenden Steuern nachgezahlt und die Hinterziehungszinsen getilgt wurden. Ist der Weg der Berichtigung deshalb innerhalb der Erbengemeinschaft nicht mehrheitsfähig und entscheidet man sich gegen eine Steuerberichtigung, so ist dies angesichts zahlreicher Anzeige- und Informationspflichten gerade in Erbfällen ein äußerst riskantes Unterfangen.

 

Rz. 82

Wie sich aus der Erbschaftsteuerdurchführungsverordnung (ErbStDV) ergibt, richten sich diese Anzeige-/Mitteilungspflichten beispielsweise an Notare und Gerichte bei Schenkungen und Zuwendungen unter Lebenden (§ 8 ErbStDV). Noch wichtiger sind die Anzeigepflichten im Todesfall für Vermögensverwahrer. Unter diesen Begriff in § 1 ErbStDV fallen insbesondere Banken, so dass das ohnehin heute nur noch rudimentäre Bankgeheimnis im Fall des Versterbens des Kontoinhabers endgültig in Gänze fällt. Dies soll nicht nur bei deutschen Banken gelten, sondern auch bei Banken ausländischer Herkunft, die in Deutschland eine Niederlassung unterhalten.

Gerade die in steuerstrafrechtlichen Fällen häufig festzustellenden Tresore und Schließfächer bei Banken, in denen wertvolle Gegenstände respektive Bargeld gelagert werden, bergen insoweit besondere Probleme. Die Banken sind verpflichtet, über derartige Schließfächer zu berichten (§ 1 Abs. 3 ErbStDV). Als weiterer Indikator für die Bedeutung dieser Schließfächer ist die gegenüber der Bank erklärte Versicherungssumme zu nennen, woraus sich im Kontext anderer Indizien später durchaus relevante Schlussfolgerungen ergeben können. Im Übrigen richten sich die Anzeigepflichten auch gegen sonstige Vermögensverwalter, die ausdrücklich auch in § 1 ErbStDV genannt sind. Daher ist bei der Beratung der Erbengemeinschaft deutlich zu machen:

 

Rz. 83

Das Risiko der Tatentdeckung hinsichtlich der Steuerdelikte des Erblassers steigt durch den Erbfall erheblich an. Die ermittelnden Erbschaftsteuerfinanzämter sind gehalten, Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter des Erblassers und der Erben zu senden, wenn besondere Umstände dies sachgerecht erscheinen lassen. Der erste Schritt in Richtung eines Steuerstrafverfahrens ist regelmäßig bereits gemacht, wenn beispielsweise die Erben erhebliche Eurosummen angeben, der Erblasser aber im Jahr seines Todes keinerlei Kapitaleinkünfte hatte; oder wenn der Erblasser über einen Banksafe verfügte, der kurz vor seinem Tod mit einer Versicherungssumme von 900.000 EUR ausgestattet wurde (Anzeigepflicht gem. § 1 Abs. 5 ErbStDV), die Erben allerdings nur einen Bruchteil an Inhalt angeben.

 

Rz. 84

§ 370 Abs. 1 AO stellt sowohl die Tatbegehung durch aktives Tun (Nr. 1) wie auch durch Unterlassen (Nr. 2 und 3) unter Strafe, wenn hierdurch ein Verkürzungserfolg oder ein (unberechtigter) Steuervorteil eintritt; obwohl beide Begehungsmodalitäten dem Wortlaut nach sich an Jedermann richten und das Landgericht Mannheim hier nur ein von jedem Mitwirkenden als Täter begehbares Allgemeindelikt schlussfolgern wollte, hat der BGH jüngst an seiner eing...

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