Rz. 165
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zu beachten.[233] Daher wird in den meisten Fällen als mildeste und verhältnismäßigste Maßnahme nur ein Teilbereich der elterliche Sorge (z.B. Gesundheitsfürsorge bei Streit um kieferorthopädische Behandlung, Auskunft zu Gesundheitsfragen)[234] oder die Entscheidungsbefugnis für eine bestimmte Angelegenheit (etwa Auswahl der weiterführenden Schule) gem. § 1628 BGB zu übertragen sein, bei Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Übrigen.[235] Oft ist daher eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ausreichend.[236]
Rz. 166
OLG Bamberg Beschl. v. 26.7.2021 – 7 UF 84/21
Zitat
Allein die Ablehnung der Zustimmung zur Teilnahme eines minderjährigen Kindes an einem schulisch veranlassten COVID-19-Schnelltest vermag ein dringendes Bedürfnis für die sofortige Übertragung von Teilen der elterlichen Sorge im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nicht zu begründen.
Rz. 167
Praxistipp:
Die Kindeseltern sollten darauf hingewiesen werden, dass der betreuende Elternteil in den "Angelegenheiten des täglichen Lebens" ohnehin gem. § 1687 BGB alleinentscheidungsbefugt ist.
Dementsprechend hat folglich auch der umgangsberechtigte Elternteil gem. § 1678a BGB in den Zeiten seines Umgangs das alleinige Sagen in den Angelegenheiten des täglichen Lebens (s.u. "Befugnisse des umgangsberechtigten Elternteils").
Hinweis:
Streitigkeiten über Alltagsangelegenheiten führen daher nicht zu einer Sorgeentscheidung nach § 1671 BGB, da hier schon kein Regelungsbedarf besteht.
Fragen der Ernährung, der Bettruhe und der Aktivitäten können damit insbesondere nicht zu Bedingungen für eine Umgangsausübung erhoben werden, auch wenn eine Vereinbarung auch zu diesen Themen oft hilfreich ist, um Widerstände gegen einen Umgang abzubauen.
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