Rz. 1

 

§ 780 BGB: Schuldversprechen

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbstständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Die Erteilung des Versprechens in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

 

§ 781 BGB: Schuldanerkenntnis

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

 

§ 782 BGB: Formfreiheit bei Vergleich

Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis aufgrund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs erteilt, so ist die Beobachtung der in den §§ 780, 781 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich.

 

§ 397 BGB: Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

 

Rz. 2

Selbstständiges Schuldversprechen (§ 780 BGB) und selbstständiges Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB sind einseitig verpflichtende, abstrakte Verträge, die sich beide unter dem Oberbegriff "abstrakte Leistungsversprechen" zusammenfassen lassen.[1] Beide Vorschriften enthalten nach ihrem Wortlaut die Legaldefinition des Schuldversprechens und des Schuldanerkenntnisses. Ein einseitiges, vom Gläubiger nicht angenommenes Schuldversprechen oder -anerkenntnis begründet keine selbstständige Verpflichtung, kann aber als Beweisanzeichen nach § 286 ZPO gewürdigt werden und hat für den Neubeginn der Verjährung gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB Bedeutung. Im Gegensatz zu den abstrakten Leistungsversprechen, die auch als konstitutiv, selbstständig oder schuldbegründend bezeichnet ­werden, stehen deklaratorische (auch sogenannte schuldbestätigende oder kausale) Schuldanerkenntnisse.[2]

 

Rz. 3

Ob im Einzelfall ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder ein deklaratorisches vorliegt, ist eine Frage der Auslegung und der tatrichterlichen Feststellung. Ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis im Sinne der §§ 780, 781 BGB liegt vor, wenn der Versprechende oder Anerkennende eine selbständige, von den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen losgelöste Verpflichtung übernimmt. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist ausgehend vom Wortlaut der Erklärung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere ihres Anlasses und ihres Zwecks sowie der Interessenlage beider Seiten, durch Auslegung zu ermitteln.[3] Entscheidend sind Wortlaut, beiderseitige Interessenlage, Zweck des Vertrages, aber auch außerhalb der Urkunde – soweit eine solche vorliegt – liegende Umstände zur Ermittlung des wahren Parteiwillens. Dieser muss bei einem abstrakten Schuldanerkenntnis auf Begründung einer vom Grundgeschäft losgelösten Verpflichtung gerichtet sein. Die Auslegung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis und nicht als bloße Beweiserleichterung setzt voraus, dass zuvor Streit oder subjektive Ungewissheit der Parteien über das Bestehen der Schuld oder rechtserheblicher Punkte bestand und die Parteien sich über Streitpunkte oder Ungewissheiten geeinigt haben, die aus ihrer Sicht nach den Umständen des Einzelfalles klärungs- und regelungsbedürftig waren.[4] Ein kausales Schuldanerkenntnis kann sich auch auf einen Anspruch beziehen, der wegen vorheriger Anfechtung des ihm zugrunde liegenden Schuldverhältnisses im Zeitpunkt des Anerkenntnisses nicht bestanden hat.[5]

 

Rz. 4

Selbstständiges Schuldanerkenntnis und deklaratorisches Schuldanerkenntnis unterscheiden sich in ihrer Wirkung: Das selbstständige Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis begründet konstitutiv eine neue Verpflichtung; es tritt in der Regel schuldverstärkend neben das zugrunde liegende Schuldverhältnis, und zwar erfüllungshalber. Durch Befriedigung der einen Schuld wird zugleich die andere aufgehoben. Allerdings kann ein Schuldversprechen gem. § 780 BGB auch novierend an Erfüllung stattgegeben werden.[6] Ein abstraktes Schuldanerkenntnis bewirkt eine Besserstellung des Gläubigers in prozessualer Hinsicht: Er kann im Wege des Urkundenprozesses vorgehen und seine Klagebegründung auf das verbriefte Anerkenntnis beschränken. In Umkehr der Beweislast ist es dann Sache des Schuldners, Einwendungen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis darzulegen und zu beweisen, §§ 821, 812 Abs. 2 BGB.[7] Bis zur Schuldrechtsreform bestand ein wesentlicher Vorteil des abstrakten Schuldanerkenntnisses (gegenüber einem bestätigenden) ferner darin, dass die Verjährungsfrist 30 Jahre betrug. Seit der Schuldrechtsmodernisierung gil...

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