Rz. 7

Das vom Erblasser in der letztwilligen Verfügung eingesetzte Schiedsgericht hat diejenigen Aufgaben, die ihm vom Erblasser zugewiesen werden, soweit gesetzliche Grenzen nicht überschritten sind. Grundsätzlich können alle vermögensrechtlichen Ansprüche einem Schiedsgericht übertragen werden, § 1030 ZPO. Dies trifft vor allem auf erbrechtliche Ansprüche zu; sie können im Wege der Leistungs-, Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsklage geltend gemacht werden.[5] Es geht dabei um Rechtsanwendung und nicht um die Ersetzung des Erblasserwillens.

 

Rz. 8

Dem Schiedsgericht kann der Erblasser Entscheidungskompetenz über folgende Regelungsmaterien zuweisen:

die Erbenfeststellung im Falle eines Streites unter Erbprätendenten, gleichgültig, ob es sich um gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge handelt; der Erblasser braucht keine Erbeinsetzung vorgenommen zu haben; es würde reichen, lediglich ein Schiedsgericht zur Feststellung der gesetzlichen Erbfolge einzusetzen, davon ausgenommen ist aber das Erbscheinsverfahren selbst und das sich daran anschließende Beschwerdeverfahren,[6]
Feststellung des Eintritts oder des Ausfalls einer Bedingung,
die Erbauseinandersetzung,[7]
Fragen der Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen nach §§ 2050 ff. BGB,[8]
Feststellungsklage über Modalitäten der Erbteilung, um diese vorzubereiten und zur Vermeidung der Erbteilungsklage,[9]
Streitigkeiten über ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung,
Streitigkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern, die ihren Grund in der Verfügung von Todes wegen haben,[10]
Auslegung einer Verfügung von Todes wegen,[11]
Wirksamkeit der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung (streitig),[12]
Streitigkeiten betr. die Erbunwürdigkeit,
Streitigkeiten zwischen Vorerben und Nacherben,
Streitigkeiten zwischen Erben, Vermächtnisnehmern und Testamentsvollstrecker, nicht aber über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers.[13]
 

Rz. 9

Für das Schiedsgericht gilt auch die Grenze des § 2065 BGB.[14] Das Schiedsgericht kann also nicht an die Stelle des Erblassers treten und den Erben auswählen. Es hat vielmehr nur den Willen des Erblassers festzustellen. Insoweit darf ein Schiedsgericht auch nicht ein formungültiges Testament für gültig erklären.[15] Das Schiedsgericht kann z.B. auch nicht den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls bestimmen.[16] Der ergehende Schiedsspruch wirkt – wie ein zivilgerichtliches Urteil – lediglich inter partes, § 1055 ZPO.

Die Schiedsgerichtsklausel ist nicht nur auf Rüge eines Beteiligten vom staatlichen Gericht zu beachten.[17]

 

Rz. 10

Nicht der Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts unterliegen:

Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere also

Erbscheinsverfahren,
Verfahren betr. Erteilung oder Einziehung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses,
Verfahren betr. die Sicherung des Nachlasses,
Verfahren betr. die Bestellung eines Nachlasspflegers,
Verfahren betr. die Herbeiführung der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass durch Anordnung förmlicher Nachlassverfahren (Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenzverfahren – letzteres als besondere Form des Zwangsvollstreckungsrechts).
Betreuungsangelegenheiten (die vorgängig zu Nachlasssachen eine große Rolle spielen),
Ehesachen – zur Klärung erbrechtlicher Vorfragen,
Kindschaftssachen – ebenfalls zur Klärung erbrechtlicher Vorfragen,
die Frage der Zugehörigkeit von Gegenständen zum Nachlass,
Ansprüche von Nachlassgläubigern,[18] weil Letztere den einseitigen Anordnungen des Erblassers nicht unterworfen werden können,
Fälle, in denen sich eine Entscheidung auf Dritte erstrecken soll, insbesondere alle Fälle der Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO), sofern nicht der Dritte die Entscheidung des Schiedsgerichts für sich als verbindlich anerkennt,
der Nachlassinsolvenzverwalter bedarf zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung der Zustimmung der Gläubigerversammlung nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO.

Nur mit nachlassgerichtlicher Genehmigung kann

ein Nachlasspfleger (§§ 1960, 1961, 1962, 1915, 1822 Nr. 12 BGB),
ein Nachlassverwalter (§§ 1975, 1960, 1962, 1915, 1822 Nr. 12 BGB)

eine Schiedsvereinbarung schließen,

Nur mit betreuungs- bzw. familiengerichtlicher Genehmigung kann

ein Vormund für sein Mündel (§ 1822 Nr. 12 BGB),
ein Pfleger für den Pflegebefohlenen (§§ 1915, 1822 Nr. 12 BGB),
ein Betreuer für den Betreuten (§§ 1908i Abs. 1, 1822 Nr. 12 BGB)

eine Schiedsvereinbarung schließen.

 

Rz. 11

Keine Genehmigungspflicht bei transmortaler Vollmacht: Dass eine über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirkende Vollmacht auch als Generalvollmacht – in der Praxis sehr häufig als Vorsorgevollmacht – erteilt werden kann, ist allgemein anerkannt.[19] Rechtsfolge der Vollmacht über den Tod hinaus ist, dass der Bevollmächtigte nach dem Tode des Vollmachtgebers dessen Erben in Bezug auf den Nachlass vertritt.[20] Da der Bevollmächtigte seine Befugnis vom Erblasser herleitet, kann er alle Rechtsgeschäfte so vornehmen, wie dieser es hätte tun k...

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