Rz. 24

Gem. § 55 Abs. 3 ArbGG entscheidet der Vorsitzende allein, wenn in der Verhandlung, die sich unmittelbar an die Güteverhandlung anschließt, eine das Verfahren beendende Entscheidung ergehen kann und die Parteien übereinstimmend eine Entscheidung durch den Vorsitzenden beantragen; der Antrag ist in die Niederschrift aufzunehmen.

 

Rz. 25

Die Güteverhandlung muss beendet sein. Das ist sie, weil sie nicht zur gütlichen Einigung oder sonstigen Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. In unmittelbarem Anschluss an die Güteverhandlung bedeutet, dass die Fortsetzung des Verfahrens ohne wesentliche Unterbrechung stattfinden muss.[7]

 

Rz. 26

 

Praxishinweis

Dabei ist im Interesse der Parteien, die die Alleinentscheidung des Vorsitzenden beantragen, allzu große Förmelei zu vermeiden. Es soll im Interesse der Parteien eine schnelle Entscheidung durch den Vorsitzenden ermöglicht werden, sodass im Interesse der rechtsuchenden Parteien auch eine kurzfristige Unterbrechung, in der der Vorsitzende eine andere Sache verhandelt, um dann die streitige Verhandlung mit den Parteien zu beginnen, der Alleinentscheidungsbefugnis nicht im Wege stehen kann.[8]

 

Rz. 27

Die Alleinentscheidungs-Kompetenz dient der Verfahrensbeschleunigung. Deswegen muss eine das Verfahren beendende Entscheidung ergehen können. Es genügt also die Möglichkeit einer verfahrensbeendenden Entscheidung. Die Durchführung einer Beweisaufnahme ist möglich, sofern die Beweismittel präsent sind. Stellt sich gleichwohl heraus, dass die Sache nicht entscheidungsreif ist, so ist Termin zur streitigen Verhandlung vor der Kammer zu bestimmen.[9] Da in diesem Fall der Beschleunigungseffekt nicht mehr eintreten kann, ist der Ausschluss der ehrenamtlichen Richter bei der Entscheidungsfindung nicht mehr gerechtfertigt.[10] Die in der Verhandlung vor dem Vorsitzenden vorgenommenen Prozesshandlungen bleiben indessen wirksam.[11] Das Einverständnis der Parteien mit der Alleinentscheidung des Vorsitzenden kann sich auf abtrennbare Streitgegenstände beschränken.

 

Rz. 28

Über die Zulässigkeit des Rechtsweges und die nachträgliche Zulassung kann nur die Kammer entscheiden, unabhängig davon, ob mündlich verhandelt wird oder nicht (§ 5 Abs. 2 S. 1 KSchG; § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG).

 

Rz. 29

 

Praxishinweis

In der Praxis wird von der Alleinentscheidungs-Kompetenz des Vorsitzenden leider viel zu wenig Gebrauch gemacht. Dies ist kaum nachvollziehbar. Ist ein Rechtsstreit durch entsprechende Sachverhaltsaufklärung in der Güteverhandlung entscheidungsreif – jedenfalls in den Fällen, in denen es keiner Beweisaufnahme bedarf –, so dürfte die Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden im wohlverstandenen Interesse beider Parteien liegen, es sei denn, das Hinauszögern einer gerichtlichen Entscheidung ist gewollt. Die Rechtsmittel gegen eine Alleinentscheidung des Vorsitzenden sind dieselben, wie wenn die Entscheidung durch die voll besetzte Kammer ergangen wäre.

[7] Germelmann u.a., § 55 Rn 41.
[8] Anders Germelmann u.a., § 55 Rn 41.
[9] Germelmann u.a., § 55 Rn 42.
[10] Germelmann u.a., § 55 Rn 42.
[11] Germelmann u.a., § 55 Rn 42 m.w.N.

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