Rz. 44

Wer eine Urkunde im unmittelbaren[52] Besitz hat, die eine Verfügung von Todes wegen sein kann, muss sie beim Nachlassgericht abliefern, wenn er vom Tod des Erblassers erfährt (§ 2259 BGB). Erfasst werden neben Testamenten auch Erbverträge (§ 2300 Abs. 1 BGB). Dabei ist es für die Ablieferungspflicht ohne Belang, ob die Verfügung nach Inhalt oder Form wirksam ist. Die Bewertung solcher Fragen ist allein Sache des Gerichts (Nachlass- oder Prozessgericht).[53] Daher spielt es auch keine Rolle, ob die Urkunde intakt oder beschädigt, offen oder verschlossen oder sogar mit Ungültigkeitsvermerken versehen ist. Die Ablieferung und eine einfache Verwahrung sind gerichtskostenfrei.[54]

 

Rz. 45

Erlangt das Nachlassgericht davon Kenntnis, dass jemand eine Verfügung von Todes wegen im Besitz hat, fordert es den Besitzer zur unverzüglichen Ablieferung auf. Im Weigerungsfalle kann das Gericht gegen den Besitzer kostenpflichtig Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Ablieferungspflicht anordnen (§§ 358, 35 FamFG; Zwangsgeld, originäre und ersatzweise Zwangshaft oder die Ausübung unmittelbaren Zwangs, wie z.B. die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher).

[52] BayObLG FamRZ 1988, 658, 659 = BeckRS 2010, 26027.
[53] Damrau/Tanck/Roglmeier, § 2259 BGB Rn 2.
[54] MüKo-BGB/Hagena, § 2259 Rn 42.

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