Rz. 28

Für Personen- wie Kapitalgesellschaften gilt grundsätzlich, dass die Kernrechte der Gesellschafter nicht delegierbar sind. So kann die Entscheidung über die Änderung der körperschaftlichen Verfassung, das Einfordern von Nachschüssen nach § 26 GmbHG oder das Berufen oder Abberufen von Liquidatoren nicht auf einen Beirat als Aufgabe delegiert werden.[36] Dabei ist zu beachten, dass es für die Kapitalgesellschaft zulässig ist, dass ein Fremdgeschäftsführer bestellt wird, der also nicht auch Gesellschafter ist, während für die Personengesellschaft das Prinzip der Selbstorganschaft nach § 114 HGB gilt, wonach der Geschäftsführer auch Gesellschafter sein muss. Grundsätzlich muss danach unterschieden werden, ob der Beirat lediglich eine beratende und kontrollierende Funktion haben soll oder ob ihm darüber hinaus auch weitere Kompetenzen übertragen werden sollen. Ist Letzteres gewollt, was in der Praxis meist anzutreffen ist, dann muss genau abgegrenzt werden, welche Aufgaben delegiert werden können im Rahmen der gesetzlichen Beschränkungen des Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht. Die Delegation kann so weit gehen, dass dem Beirat ein Zustimmungsvorbehalt zur Feststellung des Jahresabschlusses, die der Gesellschafterversammlung obliegt, eingeräumt wird.[37] Vielfach wird dem Beirat auch ein Zustimmungsvorbehalt für Personalentscheidungen im Leitungsbereich, Kreditaufnahmen ab einer bestimmten Größe, Umwandlung der Gesellschaft, Kapitalerhöhung, Abschluss von langfristigen Verträgen, Investitionen ab einer bestimmten Größe oder der Veränderung des Gesellschaftszwecks eingeräumt.[38] Möglich ist es auch, dem Beirat die Kompetenz zuzuweisen, über die Berufung oder Abberufung eines Geschäftsführers zu entscheiden, auch wenn dies gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG das Recht der Gesellschafter ist.[39] Grundsätzlich ist das Selbstbestimmungsrecht der Gesellschafter unverzichtbar. So kann die Gesellschafterversammlung jederzeit eine vorhandene Beiratsverfassung durch Satzungsänderung wieder abschaffen, auch kann sie den Beirat auflösen oder auf ihn delegierte Kompetenzen wieder zurücknehmen.[40]

 

Rz. 29

In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Katalog des Zustimmungsvorbehalts, im Rahmen der gesetzlich vorhandenen Beschränkungen des jeweils einschlägigen Gesellschaftsrechts, sehr präzise und individuell gefasst werden sollte, um zu vermeiden, dass der Beirat zu einem ineffektiven Gremium wird. Nur wenn auf die jeweilige Gesellschaft angepasst und damit auch auf die Bedürfnisse der Gesellschafter ein Katalog entwickelt wird, der Leitfaden für die Tätigkeit ist, kann der Beirat zu einer gestaltenden Kraft der Gesellschaft werden. Dabei ist besonders darauf abzustellen, ob die Gesellschafter selbst im Unternehmen tätig sind oder ob die Gesellschafter keine operative Tätigkeit im Unternehmen ausüben.

Grundsätzlich sollten die Ausgestaltung der Kompetenzübertragung und die Frage, wie weit sich die Geschäftsführung der Gesellschaft entfalten kann, in einem ausgewogenen Verhältnis erfolgen. Nur dann kann der Beirat ein unterstützendes Organ für die Gesellschaft sein.

[36] Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810.
[37] Lange/Leible/Reichert, Governance in Familienunternehmen, S. 149.
[38] Hennerkes/Binz, DB 1987, 470 ff.
[39] Bacher/von Blumenthal, GmbHR 2016, 514.
[40] Lange, GmbHR 2006, 897.

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