1. Überblick

 

Rz. 7

Für eine isolierte Tätigkeit in einem Verfahren über eine Rüge wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erhält der Anwalt die Vergütung nach den Nrn. 3330, 3331 VV. Diese Regelungen gelten seit den Änderungen durch das 2. KostRMoG auch in Verfahren, in denen nach Betragsrahmen abzurechnen ist. Entsprechende Regelungen fehlten bislang.

 

Rz. 8

Wird der Anwalt zunächst mit der Vertretung im Verfahren über die Rüge beauftragt und nach Erfolg der Rüge im anschließenden fortgesetzten Verfahren, so liegt insoweit nur eine Angelegenheit vor. Die Vergütung nach den Nrn. 3330, 3331 VV geht dann in der anschließenden Vergütung des jeweiligen Hauptsacheverfahrens auf (siehe Beispiele 9, 10). Die weitere Tätigkeit bildet mit der Gehörsrüge eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG). Es entsteht nicht etwa eine neue Angelegenheit nach § 17 Nr. 1 RVG, da es sich nicht um ein Rechtsmittel handelt.

 

Rz. 9

Das Gleiche gilt auch dann, wenn der Anwalt nach einer erfolgreichen Gehörsrüge in dem dann fortzusetzenden Verfahren weiter beauftragt wird.

2. Verfahren nach Gegenstandswert

a) Überblick

 

Rz. 10

Im isolierten Verfahren über eine Rüge wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, in denen nach dem Gegenstandswert abzurechnen ist (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 2 RVG) erhält der Anwalt zunächst einmal eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV. Die Höhe der Gebühr beläuft sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr des Verfahrens, in dem die Rüge erheben wird, höchstens jedoch auf 0,5. Das gilt auch dann, wenn die Gehörsrüge im Rechtsmittelverfahren erhoben wird.[6]

 

Rz. 11

Soweit im Ausgangsverfahren Gebühren von 0,5 gelten (z.B. einfache Beschwerdeverfahren) oder geringere Gebühren als 0,5 (z.B. in Zwangsvollstreckungs- oder Zwangsversteigerungsverfahren), erhält der Anwalt eine Gebühr in dieser Höhe. Gelten im Ausgangsverfahren höhere Verfahrensgebühren (z.B. im Erkenntnisverfahren), erhält der Anwalt eine 0,5-Gebühr.

 

Rz. 12

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um jeweils 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0.

 

Rz. 13

Eine Reduzierung der Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Erledigung ist nicht vorgesehen (arg. e. Nr. 3337 VV).

 

Rz. 14

Findet im Verfahren über die Gehörsrüge ein Termin i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV statt, so erhält der Anwalt nach Nr. 3331 VV zusätzlich eine Terminsgebühr. Die Höhe dieser Gebühr richtet sich wiederum nach der Terminsgebühr des Verfahrens, in dem die Rüge erhoben wird. Auch sie beträgt jedoch höchstens 0,5.

 

Rz. 15

Eine fiktive Terminsgebühr bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, Abschluss einer Einigung oder Annahme eines Anerkenntnisses ist mangels Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV etc.) nicht vorgesehen, abgesehen davon, dass eine mündliche Verhandlung über die Gehörsrüge nicht vorgeschrieben ist.

 

Rz. 16

Möglich ist auch der Anfall einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV.[7] Da der Gegenstand im Verfahren der Gehörsrüge noch anhängig i.S.d. Nr. 1003 VV ist, entsteht die Gebühr nur zu 1,0; bei Anhängigkeit im Rechtsmittelverfahren zu 1,3. Soweit sich auch über nicht anhängige Gegenstände geeinigt wird, entsteht die Gebühr zu 1,5.[8] Zu beachten ist auch hier die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG.

[6] AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 3330, 3331 VV Rn 7.
[7] AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 3330, 3331 VV Rn 14.
[8] AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 3330, 3331 VV Rn 14.

b) Der Anwalt war im Ausgangsverfahren bereits tätig

 

Rz. 17

War der Anwalt im Ausgangsverfahren über die Gehörsrüge bereits tätig, so ist auch seine weitere Tätigkeit im Verfahren über die Gehörsrüge durch die Gebühren in der Hauptsache abgegolten (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG). Der Anwalt erhält neben den Gebühren der Hauptsache keine gesonderte Vergütung.[9]

 

Beispiel 1: Nachträglicher Auftrag zur Gehörsrüge

Nach Klageabweisung (Wert: 400,00 EUR) erhält der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Auftrag, Gehörsrüge zu erheben. Die Rüge wird ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.

Es gilt § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG. Die Tätigkeit im Verfahren über die Gehörsrüge ist durch die Gebühren in der Hauptsache abgegolten. Der Anwalt erhält neben den Gebühren der Hauptsache keine gesonderte Vergütung.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   63,70 EUR
  (Wert: 400,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   58,80 EUR
  (Wert: 400,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 142,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   27,08 EUR
Gesamt   169,58 EUR

c) Der Anwalt war im Ausgangsverfahren nicht tätig

 

Rz. 18

Ist der Anwalt ausschließlich im Verfahren über die Gehörsrüge tätig, so erhält er nicht die Vergütung des jeweiligen Hauptsacheverfahrens, sondern die nach den Nrn. 3330, 3331 VV.

 

Beispiel 2: Isolierter Auftrag zur Gehörsrüge

Nach Klageabweisung (Wert: 400,00 EUR) wird der bis dahin nicht mandatierte Anwalt vom Kläger beauftragt, Gehörsrüge zu erheben. Die Rüge wird ohne mündliche Verhandlung zurü...

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