Rz. 18

Art. 3 Nr. 1 EGBGB erklärt den Vorrang der "Regelungen der Europäischen Union in ihrer jeweils geltenden Fassung". Das primäre Unionsrecht, insbesondere der Vertrag über die Europäische Union (EUV) und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), enthält keine unmittelbar anwendbaren kollisionsrechtlichen Bestimmungen,[59] insbesondere keine allgemein geltende kollisionsrechtliche Regelung zugunsten des Herkunftslandes (dagegen ist in einzelnen Richtlinien bereits eine Regel zugunsten der Vorschriften des Herkunftslandes verankert, siehe Rdn 20) und auch kein Günstigkeitsprinzip zum Schutz der Grundfreiheiten.[60] Der EuGH hat aus der Niederlassungsfreiheit für das Internationale Gesellschaftsrecht sowie aus der Unionsbürgerschaft für das Internationale Namensrecht jedoch ein (vorrangiges) primärrechtliches Anerkennungsprinzip für privatrechtliche Rechtslagen entnommen. Danach wird das Kollisionsrecht durch die Anerkennung von Rechtslagen überlagert und ergänzt.[61]

[59] Die Grundfreiheiten enthalten nach ganz h.M. auch keine versteckten Kollisionsnormen; vgl. Reithmann/Martiny, Rn 1.53 f.
[60] Das Kollisionsrecht muss aber den Vorgaben der EUV/AEUV entsprechen, insb. diskriminierungsfrei und grundfreiheitenkonform sein.
[61] Zur Rechtslagenanerkennung siehe NK-BGB/Freitag, Art. 3 Rn 58 f.; Nordmeier, IPRax 2012, 31 f.

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