Rz. 115

Voraussetzungen

Verstoß gegen einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Rechts?

  • Wesentlicher Grundsatz: § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO – Verbot der Erfolgsbeteiligung.[256]
  • Offensichtlichkeit des Verstoßes: hier (+)
Hinreichender Inlandsbezug (räumliche Unvereinbarkeit): hier, A ist deutscher Staatsangehöriger und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Gegenwartsbeziehung (zeitliche Relativität): hier, aktuelles Geschehen. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts (Anwaltsvertrag).[257]
Verstoß gegen Grundrechte, Art. 21 Rom I-VO i.V.m. Art. 6 S. 2 EGBGB: hier (–).

Folgen eines ordre public-Verstoßes (Ersatzrechtslösung):

Ausschluss des ausländischen Rechtssatzes (bzgl. der Erlaubnis der Erfolgsbeteiligung). Das berufene Recht bleibt im Übrigen auf den Anwaltsvertrag anwendbar (Grundsatz möglichst weitgehender Schonung des fremden Rechts).
Die Lücke im fremden Recht ist aus dem Blickwinkel des deutschen Rechts zu bestimmen.[258] Danach ist der Anspruch auf das nach inländischen Vorstellungen gerade noch erträgliche Maß zu kürzen, was nicht die Anwendung der Sätze des RVG bzw. der früheren BRAGO zur Folge hat, sondern darüber liegen kann.[259]
[256] BGHZ 22, 162, 163; BGHZ 118, 312, 322 (o.p.-Verstöße im Ergebnis verneint). Das Schrifttum stuft § 49b Abs. 2 BRAO überwiegend als international zwingende Eingriffsnorm ein (Art. 9 Rom I-VO), wobei als notwendiger Inlandsbezug mindestens der inländische Kanzleisitz verlangt wird, an dem es hier fehlt; offengelassen von BGH IPRax 2005, 150, 151. An dieser Wertung hat sich durch Einfügung von § 4a RVG nichts geändert. Da dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, greift das allgemeine Verbot, Kilian, NJW 2008, 1905; Kilian in: Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 49b Rn 268.
[257] BGHZ 147, 178, 187; BGH RIW 2005, 463, 465.
[258] v. Bar/Mankowski, Bd. 1, § 7 Rn 285 f.; BeckOK-BGB/St. Lorenz, Art. 6 EGBGB Rn 18.
[259] Die Deckelung bei Verstößen auf die gesetzliche Gebühr greift nicht ein, BGH NJW 2014, 2653 Rn 26. Der Gesetzgeber hat in Art. 40 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EGBGB (Anspruchskürzung) eine parallele Lösung für übersetzte Schadensersatzansprüche, vornehmlich des angloamerikanischen Rechts, geschaffen (multiple damages und punitive damages); vgl. NomosK-BGB/G. Wagner, Art. 40 EGBGB Rn 37 f.

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