Rz. 16

 

Hinweise

Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) entfaltet seine Wirkungen in allen Mitgliedstaaten – auch zum Zwecke des Erbnachweises bei öffentlichen Registern (hier: Handelsregister), ohne dass es dazu eines besonderen Verfahrens bedarf, Art. 69 Abs. 1, Abs. 5 EuErbVO.

Beim Europäischen Nachlasszeugnis wird nicht mehr unterschieden nach Ausfertigung und Abschrift; es werden nur noch Abschriften erteilt, Art. 70 EuErbVO.

a) Berechtigtes Interesse für die Erteilung einer beglaubigten Abschrift

 

Rz. 17

Nach Art. 70 EuErbVO reicht ein berechtigtes Interesse für die Erteilung einer beglaubigten Abschrift eines ENZ. Die Schwelle ist also niedriger (berechtigtes Interesse) als für die Erteilung einer Ausfertigung eines Erbscheins (rechtliches Interesse, § 357 Abs. 2 FamFG).

b) Zweck

 

Rz. 18

Eine zügige Abwicklung einer Nachlasssache mit Auslandsbezug innerhalb der Mitgliedstaaten soll dadurch gefördert werden, dass Erben, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter ihre Rechte und Befugnisse in einem anderen Mitgliedstaat einfach nachweisen können, EG 67 EuErbVO.

c) Zuständigkeit

 

Rz. 19

International zuständig für die Ausstellung des ENZ über den gesamten Nachlass sind in erster Linie die Behörden in dem Mitgliedstaat, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte (Art. 64 Abs. 1 S. 1 EuErbVO). Bei der ausstellenden Behörde kann es sich um ein Gericht oder eine andere Behörde handeln. Der Begriff des Gerichts ist weit zu verstehen und erfasst alle Angehörige eines Rechtsberufs, die Unparteilichkeit und das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör gewährleisten (Art. 3 Abs. 2 EuErbVO), insbesondere Notare, die in den meisten Mitgliedstaaten – teilweise ausschließlich – für die Ausstellung des Erbnachweises zuständig sind.

Sollte sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers nicht in einem Mitgliedstaat befinden, sind für den gesamten Nachlass zunächst die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, deren Staatsangehörigkeit der Erblasser zum Todeszeitpunkt besaß (Art. 10 Abs. 1 lit. a EuErbVO) oder – subsidiär – in dem der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte, sofern die Aufenthaltsänderung nicht länger als 5 Jahre zurückliegt (lit. b). Nur wenn keine dieser Zuständigkeiten greift, sind die Gerichte eines Mitgliedstaats hinsichtlich des im betroffenen Mitgliedstaat belegenen Nachlasses international zuständig.

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