Rz. 18

Die Mehrdimensionalität des Sachschadens kommt insbesondere durch das Leistungsversprechen der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung zum Ausdruck. Der Gegenstand des Versicherungsschutzes wird in § 1 Nr. 1 FBUB 2010 wie folgt beschrieben:

Zitat

Wird der Betrieb des Versicherungsnehmers infolge eines Sachschadens nach diesem Vertrag unterbrochen oder beeinträchtigt, so leistet der Versicherer Entschädigung für den dadurch entstehenden Ertragsausfallschaden.

 

Rz. 19

Ausgangstatbestand des Leistungsversprechens ist also der versicherte Sachschaden, der jedoch im weiteren Verlauf der Bedingung präzisiert wird; er muss nämlich an einer dem Betrieb dienenden Sache (§ 2 Nr. 1 FBUB 2010) innerhalb des Versicherungsortes (§ 4 FBUB 2010) infolge einer in § 2 FBUB 2010 genannten Gefahr entstanden sein. Die sachschadenbedingte Unterbrechung des Betriebs muss dann zu einem Ertragsausfallschaden führen, der gem. § 1 Nr. 2 a FBUB 2010 als der entgehende Betriebsgewinn sowie der Aufwand an fortlaufenden Kosten in dem versicherten Betrieb definiert wird.

 

Rz. 20

Die Erläuterungen zum versicherten Interesse haben aber bereits verdeutlicht, dass für den Versicherungsschutz jedoch nur der Betriebsgewinn und die fortlaufenden Kosten maßgebend und bestimmend sein können, die der Versicherungsnehmer ohne Unterbrechung des Betriebs erwirtschaftet hätte (§ 5 Nr. 1 FBUB 2010) und die der Versicherungsnehmer infolge der Betriebsunterbrechung nicht erwirtschaften konnte (§ 1 Nr. 2 a FBUB 2010).

 

Rz. 21

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann der Vorgang wie folgt bildhaft beschrieben werden:

Der Sachschaden führt zu einer Betriebsunterbrechung, einer Beeinträchtigung der Betriebsleistung. Die betriebliche Leistung wiederum – in Geld bewertet – findet sich als Betriebsertrag in der Erfolgsrechnung des Unternehmens wieder. Der bedrohte Ertrag ist dann der Geldbetrag, der bei einer Unterbrechung des Betriebs nicht erwirtschaftet werden kann.

 

Rz. 22

Gegenstand des Versicherungsschutzes sind demnach betriebliche Erträge und zwar die Teile der betrieblichen Erträge, die als Deckungsbeitrag des Betriebsgewinns und der fortlaufenden Kosten zur Anwendung kommen.[12]

 

Rz. 23

Dem Betriebsgewinn sind gem. § 1 Nr. 2 c ff FBUB 2010 nicht die Gewinne des versicherten Unternehmens zuzurechnen, die mit dem Fabrikations-, Handels- oder Gewerbebetrieb nicht zusammenhängen.

 

Rz. 24

Die versicherten fortlaufenden Kosten stellen von der jeweils betrachteten Einflussgröße unabhängige Kosten dar, die auch infolge einer Betriebsunterbrechung nicht abbaubar sind und weiter anfallen.[13] Den fortlaufenden Kosten der FBUV können daher entgegen OLG Hamm[14] und mit berechtigter Kritik von Wälder keine Gemeinkosten zugeordnet werden, da diese Kostenkategorie im Umfeld der Kostenrechnung das Sortierkriterium für die Zurechenbarkeit auf ein Bezugsobjekt beschreiben und somit ein verrechnungstechnisches Merkmal darstellen. Vielmehr ist das Merkmal Kostenverhalten und folglich das Sortierkriterium der Beschäftigung im Rahmen einer Betriebsunterbrechung entscheidend. Löhne und Gehälter, Mieten, Pachten, Patent- und Lizenzgebühren sowie einige Abschreibungsarten sind beispielsweise fortlaufenden Kosten im Sinne der FBUV.

Auch Akkordlöhne, bei denen es sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht um abbaubare (variable) Kosten handelt, stellen eine Teilmenge der versicherten Löhne und Gehälter dar.

 

Rz. 25

In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht hinzuweisen, dass ein versicherbarer Sachschaden kein bedeutsamer Grund für eine Entlassung ist und kein unabwendbares Ereignis, welches ein Kurzarbeitergeld i.S.d. § 64 Arbeitsförderungsgesetz (AFG; jetzt § 170 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) verantwortet.[15] Dem Betrieb ist es möglich und zumutbar, durch eine Versicherung die Nachteile einer Betriebsunterbrechung von sich abzuwenden und somit solchen Ereignissen entgegenzuwirken.

 

Rz. 26

Nicht zum Gegenstand der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung gehören die Teile der Erträge, die zur Deckung der Kosten dienen, die in der Betriebsunterbrechung abgebaut werden können und nicht mehr anfallen. Sie verhalten sich weitestgehend proportional zur Beschäftigung respektive der Ausbringungsmenge; beispielhaft für diese variablen Kosten sind Material- und Rohstoffkosten.[16] Für die proportionalen Kosten gem. § 1 Nr. 2 c aa–ee FBUB 2010 besteht kein Versicherungsbedürfnis (vgl. Rdn 76).

 

Rz. 27

Neben der Systematisierung der Kosten im Rahmen ihres Verhaltens bei Beschäftigungsänderung umschließt der Begriff "Kosten" in der heutigen Betriebswirtschaftslehre weiterhin zwei Kostenbegriffe, und zwar den wertmäßigen und den pagatorischen Kostenbegriff.[17] Die Beantwortung der Frage, welcher der beiden Kostenbegriffe maßgebend ist, lassen auch die FBUB 2010 weiterhin offen, da analog zu den Vorversionen der FBUB 2010 der Begriff "Kosten" nicht definiert wird und sich zudem aufgrund fehlender Bewertungsvorschriften weiterhin aus dem Bedingungswerk nicht direkt ableiten lässt.[18] ...

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