Rz. 91
Die Unternehmensnachfolge ist Anlass für Veränderung. Sie betrifft Unternehmerfamilie und Unternehmen gleichermaßen. Ausgangspunkt sind naturgemäß personelle Veränderungen. Das verändert die Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, Familie und Unternehmen.
Rz. 92
Die Familienstrategie bettet den Generationswechsel in den strategischen Gesamtzusammenhang von Familie und Unternehmen ein. Auf der Grundlage eines gemeinsamen Fundamentes kann die Familie ihre gemeinsame Perspektive für Unternehmen und Familie sowie ihr Führungsverständnis klären und eine Balance der Interessen herstellen. Gelingt ihr das, organisiert sie ihre Zusammenarbeit im Unternehmen und in der Familie: Sie schafft Strukturen und ordnet die Verantwortlichkeiten, sie vereinbart Regeln, die Konfliktsituationen entlasten, und etabliert Plattformen, die Kommunikation fördern. Damit stabilisiert sie die Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, Familie und Unternehmen.
Die Familienstrategie ist ergebnisoffen. Sie bietet der Unternehmerfamilie Gelegenheit zu prüfen, ob und wie sie ihren Einfluss im Unternehmen wahren will und kann. Stellt die Familie fest, dass es ihr an Bereitschaft oder Fähigkeit zu langfristiger Kooperation fehlt, ist sie gut beraten, ein Modell zu wählen, das keine Zusammenarbeit verlangt.
Rz. 93
Die Familienstrategie gibt grundsätzliche Antworten auf die wesentlichen Fragen der Unternehmensnachfolge und der künftigen Zusammenarbeit der Familie. Es geht darum, das Konfliktpotential, das für Familienunternehmen charakteristisch ist, für die Situation von Familie und Unternehmen zu erkennen und konstruktive Konfliktlösungsmechanismen zu etablieren. Das hilft der Familie, Streit zu vermeiden. Es fördert Vertrauen und stärkt die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit.
Rz. 94
Die Familie gestaltet die Unternehmensnachfolge in einem gemeinsamen Prozess: transparent und in konstruktivem Umgang mit widerstreitenden Interessen. Damit können sich Nachfolger auf eine breite Legitimation stützen. Das stabilisiert Familie und Unternehmen.
Rz. 95
Die Ergebnisse der Familienstrategie können in einer Familiencharta festgehalten werden. Damit bleiben sie auf anschauliche Weise präsent. Die Familiencharta erleichtert zudem die Kommunikation des Gewollten an neue Familienmitglieder.
Rz. 96
Im Prozess der Familienstrategie klärt die Familie ihr gemeinsames Interesse. Damit liefert die Familienstrategie allen Umsetzungsschritten einen verlässlichen Rahmen. Der rechtlichen Gestaltung und steuerlichen Optimierung der Unternehmensnachfolge sollte sie idealerweise vorausgehen. Umsichtig und gut gestaltete Verträge (Gesellschaftsvertrag, Eheverträge, Pflichtteilsverzichte, Testamente etc.) tragen ihrerseits erheblich zur Streitvermeidung bei.
Rz. 97
Gemeinhin wird die Nachfolge in Familienunternehmen als Schwächephase interpretiert, anfällig für Stillstand, Streit und Fehlentscheidungen. Mithilfe der Familienstrategie kann die Familie ihre Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit sichern – weit über den Generationswechsel hinaus.
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