Rz. 65

Ob die Familie über ein gemeinsames Fundament verfügt und ob sie sich auf eine gemeinsame Perspektive verständigen kann, ist für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge von zentraler Bedeutung. Eine Familie, die sich in diesen Fragen wenig verständigungsbereit und wenig interessiert zeigt, signalisiert wenig Bereitschaft oder Fähigkeit zur Kooperation. Ihr fehlt es an Einheit.

Um es zuzuspitzen: Eine Zusammenarbeit von Familienmitgliedern, sei es auf der Ebene der Gesellschafterversammlung oder im Zusammenwirken von Führung und Kontrolle oder gar auf der operativen Ebene der Geschäftsführung, setzt einen Konsens über gemeinsame Grundüberzeugungen und Ziele voraus. Das schließt die Bereitschaft und Fähigkeit zur konstruktiven Konfliktlösung ein.[24]

 

Rz. 66

Fehlt es daran, werden Nachfolgegestaltungen ohne Kooperationsbedarf die passende Lösung sein: Unternehmermodell oder Ausstieg.[25] Die Entscheidung, nicht als Unternehmerfamilie zusammen investiert zu bleiben und ggf. eine Ungleichverteilung zu verfügen, kommt womöglich einem Tabubruch gleich. Im Kontext der Familienstrategie wird sie nachvollziehbar als Konfliktvermeidung im Interesse des Unternehmens und im Interesse der Familie. Das erhöht die Chance, den Familienfrieden zu wahren.

 

Unternehmermodelle:

Eigentum und Führung in einer Hand gebündelt (vgl. Rdn 40)
Thronfolgelösung: ein Unternehmer als Erbe
Verkauf innerhalb der Familie: ein Unternehmer als Käufer
Realteilung: mehrere unabhängige Unternehmer als Erben
 
Ausstiegsmodelle:
Verkauf an Dritte
Stiftung[26]
 

Rz. 67

Erweist sich die neue Generation als kooperationsbereit und -fähig, geht es um gemeinsame Fortführung des Unternehmens. Wie ist die Beteiligungsnachfolge zu gestalten? Wer wird Gesellschafter? Die Frage nach der Gleichverteilung der Anteile und der Legitimation einer Ungleichverteilung ist durch den Dialog über Fundament und Perspektive vorbereitet. Das Abwägen von Interessen ist nun auf weitere Fragen anzuwenden, z.B. auf die Angemessenheit von Ausschüttungen oder die Rolle der Abfindung beim Ausscheiden.

 

Fortführungsmodelle:

(vgl. Rdn 39)
Partner
Eigentümerfamilie
Investorenfamilie
[24] Trifft ausgerechnet auf eine Familie ohne Konsens und konstruktiver Haltung ein Schicksalsschlag, werden die Erben in eine Zusammenarbeit gezwungen. Der Anteil von Unternehmensübergaben aufgrund von Schicksalsschlägen liegt geschätzt bei unter 1 % der jährlichen Übergaben, vgl. Kay/Suprinoviç, S. 6. Aber jeder dieser Fälle veranschaulicht, wie hilfreich gut überlegte Notfallregeln sind.
[25] Vgl. ausführlich Baus, Familienstrategie, S. 95 ff.
[26] "Für Unternehmen, die schnell und flexibel in sich rasch verändernden Märkten agieren müssen, ist die Stiftungskonstruktion zu schwerfällig. Die Geschäftsführung kann nur mit Zustimmung des Stiftungsvorstands entscheiden. Und für kleine Firmen ist der Kostenapparat einer solchen Stiftung eine zu große Belastung." Uricher, Kölner Stadtanzeiger v. 30.6.2016.

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