Rz. 35

Eine Rechtsschutzzusage im Beratungs-Rechtsschutz im Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht setzt einen Rechtsschutzfall voraus. Dieser richtet sich nach § 4 Abs. 1b ARB 2010. Im Beratungsrechtsschutz besteht Anspruch auf Rechtsschutz von dem Ereignis an, das die Änderung der Rechtslage des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person zur Folge hat. Diese Bestimmung entspricht der Regelung der ARB 75.[16]

Der Rechtsschutzfall verwirklicht sich dann, wenn ein tatsächliches Geschehen eine Situation entstehen lässt, die den Versicherungsnehmer zur Vermeidung eines rechtlichen Nachteils veranlasst Rechtsanwaltskosten für einen Rechtsrat aufzubringen.[17]

Eine Rechtslage ist immer dann verändert, wenn Rechte und Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers oder des Mitversicherten in zeitlich und adäquat ursächlichen Zusammenhang mit dem Ereignis neu begründet, belastet, übertragen, inhaltlich geändert oder aufgehoben wurde.[18]

 

Rz. 36

Ereignisse, die die Rechtslage des Versicherungsnehmers oder eines Mitversicherten verändern sind:

Geburt eines Kindes in unterhaltsrechtlicher Hinsicht,
Tod eines Erblassers, Beratung des Versicherungsnehmers als Allein- oder Miterbe,
Verhalten eines Ehepartners, der den Versicherungsnehmer berechtigt, sich scheiden zu lassen nach Ablauf des Trennungsjahres,
Antrag eines Miterben auf Teilungsversteigerung,
Anfechtung einer Unterhaltsvereinbarung,
Berechtigung zur Entziehung des Pflichtteils wegen eines Verhalten des Abkömmlings,
Wegfall der Bedürftigkeit eines Unterhaltsberechtigten.
 

Rz. 37

Nicht zu den versicherten Ereignissen gehören z.B.:

Das Auskunftsverlangen eines Unterhaltsberechtigten ändert die Rechtslage des Unterhaltsverpflichteten nicht.[19]
Gesetzesänderungen, die die Rechtslage des Versicherungsnehmers verändern, stellen kein versichertes Ereignis dar.[20] Die Rechtsphäre des betroffenen Versicherungsnehmers muss individuell durch ein konkretes Ereignis betroffen sein.
Die Weigerung eines Unterhaltspflichtigen den Unterhalt zu zahlen ändert die Rechtslage des Versicherungsnehmers/Mitversicherten nicht.
Vermögensverfügungen eines künftigen Erblassers des Versicherungsnehmers/Mitversicherten unter Lebenden, z.B. durch Verkauf oder unentgeltliche Übertragung von Vermögensteilen zu Lebzeiten an Dritte. Die mögliche Schmälerung des Erbes verändert die vor dem Erbfall bestehende Rechtsposition des möglichen Erben.
Ein Testament, das zugunsten oder zulasten des Versicherungsnehmers vom möglichen Erblasser zu seinen Lebzeiten erstellt wird, greift nicht in die Rechte des möglichen Erben ein. Dies würde erst mit dem Tod des Erblassers der Fall sein.

Zu den Einzelheiten siehe § 8 – Der Rechtsschutzfall (vgl. § 8 Rn 1 ff.).

 

Rz. 38

An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden, dass z.B. die Hilfe eines Rechtsanwalts oder Notars beim Aufstellen eines Testaments nicht versichert ist, da hier kein Ereignis vorliegt, das die Änderung der Rechtslage des Versicherungsnehmers zur Folge hatte. Es handelt sich lediglich um eine vorsorgliche Tätigkeit des Anwalts für den Versicherungsnehmer.

 

Rz. 39

Stützt der Versicherungsnehmer eine erbrechtliche Auseinandersetzung auf die Unwirksamkeit der Errichtung des zugrunde liegenden Testaments, so tritt der Rechtsschutzfall im Beratungs-Rechtsschutz nicht schon bei der Abfassung des Testamens ein, sondern erst mit dem Tode des Erblassers. Zum Zeitpunkt der Errichtung lag im Hinblick auf den Erben keine Veränderung der Rechtslage vor.[21]

[16] Van Bühren-Plote, ARB, 2. Aufl., § 4 Rn 18.
[17] Harbauer-Stahl, 8. Aufl., ARB 2000, § 2 Rn 304.
[18] Harbauer-Maier, 8. Aufl., ARB 2000, § 4 Rn 26; AG Bretten r+s 97, 118.
[19] AG Essen zfs 1992, 137.
[20] Harbauer-Maier, 8. Aufl., ARB 2000, § 4 Rn 25.
[21] KG v. 21.3.2003, VersR 2004, 467 ff.

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