Rz. 517

Bei ehelichen Kindern üben die Eltern gem. § 1626 BGB die elterliche Sorge gemeinsam aus. Diese bleibt grundsätzlich auch nach Trennung und Scheidung der Eltern bestehen, wenn nicht zumindest ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Sorge oder eines Teils hiervon auf sich beantragt.

 

Rz. 518

Nach der Trennung der Eltern besteht die gemeinsame Sorge allerdings nicht unverändert fort. Vielmehr regelt § 1687 BGB, dass nur noch bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ein gegenseitiges Einvernehmen der Eltern erforderlich ist. Der Elternteil, bei dem sich das Kind dann mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, bestimmt über die Angelegenheiten des täglichen Lebens.

 

Rz. 519

Zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung zählen beispielsweise die Wahl des Kindergartens,[342] die Wahl der Schulen,[343] ob und gegebenenfalls wie ein Kind geimpft werden soll,[344] medizinische Eingriffe und Behandlungen, soweit sie nicht regelmäßig vorkommende Erkrankungen (Husten, Grippe, Kinderkrankheiten) oder Regeluntersuchungen betreffen,[345] die Entscheidung über den Besuch einer Kindertagesstätte,[346] die Wahl des Ausbildungsberufs und ähnliche Angelegenheiten, die schwer abzuändernde Auswirkungen für die Entwicklung des Kindes haben. Bei Auslandsreisen ist zu differenzieren: diese sind dann nicht mehr von der Alleinentscheidungsbefugnis gedeckt, wenn die konkrete Gefahr einer Entführung des Kindes oder seiner Zurückhaltung im außereuropäischen Ausland besteht, bei einer beabsichtigten Reise in politische Krisengebiete, wenn für die zu besuchende Region im Ausland Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes vorliegen oder bei weiten Reisen in einen dem Kind nicht vertrauten, fremden Kulturkreis.[347]

 

Rz. 520

Können sich die Eltern in einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung nicht einigen, besteht die Möglichkeit, dass ein Gericht auf Antrag gem. § 1628 BGB einem Elternteil die Entscheidung in dieser Frage überträgt. Eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist damit im Übrigen nicht verbunden.

[343] OLG Dresden FamRZ 2003, 1489.
[346] OLG Brandenburg OLGR Brandenburg 2004, 440.
[347] KG Berlin v. 1.8.2016 – 13 UF 106/16; OLG Frankfurt v. 21.7.2016 – 5 UF 206/16 bejaht besondere Gefahren bei einem Türkeiurlaub.

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