Rz. 249

Gem. § 1566 Abs. 1 BGB wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt.

 

Rz. 250

Zu unterscheiden sind folgende Fallgestaltungen: Zum einen die Fälle, in denen beide Ehegatten einen eigenen Scheidungsantrag stellen oder ein Ehegatte einen Scheidungsantrag stellt und der andere Ehegatte dem Scheidungsantrag zustimmt; zum anderen die Fälle, in denen ein Ehegatte den Scheidungsantrag stellt und der andere Ehegatte keinen Scheidungsantrag stellt und auch der Scheidung nicht zustimmt.

 

Rz. 251

In den erstgenannten Fällen ist folgendes zu beachten: Die "einverständliche Scheidung" verlangt keine einvernehmliche Regelung über die Folgesachen mehr. Anders als beim bisherigen § 630 Abs. 1 ZPO a.F. besteht keine Verknüpfung des Verfahrensrechts mit dem materiellen Scheidungsrecht mehr. Damit wird bewirkt, dass eine Regelung über bestimmte Scheidungsfolgen nicht mehr Voraussetzung für das Eingreifen der unwiderlegbaren Vermutung für das Scheitern der Ehe gem. § 1566 Abs. 1 BGB ist. Die Familiengerichte können in den Fällen, in denen die Ehegatten seit mindestens einem Jahr getrennt leben und beide der Scheidung zustimmen, ohne aber eine Regelung über die Scheidungsfolgen getroffen zu haben, kraft dieser Vermutung das Scheitern der Ehe feststellen und die Scheidung aussprechen. Weitere Feststellungen zum Scheitern der Ehe sind bei beiderseitiger Scheidungswilligkeit nicht mehr erforderlich.

 

Rz. 252

In den Fällen, in denen die Scheidung selbst zwischen den Ehegatten streitig ist, also der Antragsgegner keinen eigenen Scheidungsantrag stellt und auch dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten nicht zustimmt, hat das Gericht die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB zu prüfen und in seiner Entscheidung festzustellen. In diesen Fällen ist ergänzender Vortrag zum Scheitern der Ehe erforderlich. Der scheidungswillige Ehepartner ist grundsätzlich nicht auf die dreijährige Trennungszeit gem. § 1566 Abs. 2 BGB zu verweisen, sondern nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB durch das Gericht nicht festgestellt werden können.

 

Rz. 253

Ein Abweisungsantrag kann in beiden Fällen Erfolg haben, wenn die Voraussetzungen der Kinderschutz- oder Härteklausel des § 1568 BGB ausnahmsweise vorliegen.

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