Rz. 666

Wird eine technische Neuerung und ihr Erfinder vom Geltungsbereich des ArbnErfG erfasst, so können dessen Schutzvorschriften nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abbedungen werden. Sie gelten mithin zwingend. Der Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 22 ArbnErfG erfährt nur insoweit eine Durchbrechung, als Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien nach der Meldung einer Diensterfindung oder nach der Mitteilung einer freien Erfindung oder eines qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlages auch zuungunsten des Arbeitnehmers zulässig sind. § 22 ArbnErfG bezweckt den Schutz des ggü. dem Arbeitgeber sozial schwächeren Arbeitnehmers vor übereilten, unüberlegten oder in Sorge um den Erwerb oder Erhalt seines Arbeitsplatzes und Sicherung von Arbeitsbedingungen gemachten Zugeständnissen.

 

Rz. 667

Darüber hinaus enthält die Vorschrift des § 23 ArbnErfG noch eine weitere Schranke inhaltlicher Art zugunsten des Arbeitnehmererfinders: So sind Vereinbarungen über gebundene wie freie Erfindungen und über technische Verbesserungsvorschläge einschließlich der Vergütungsseite und ungeachtet ihrer formalrechtlichen Zulässigkeit dann rechtsunwirksam, wenn sie in erheblichem Maße unbillig sind. Nach § 23 Abs. 2 ArbnErfG kann man sich auf die Unbilligkeit einer Vereinbarung oder der Festsetzung einer Vergütung nur dann berufen, wenn dies spätestens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung ggü. dem anderen Vertragsteil geltend gemacht wird.

 

Rz. 668

In der Praxis bewirken die Vorschriften der §§ 22 und 23 ArbnErfG nicht nur den Ausschluss von tarifvertraglichen oder betriebsvereinbarungsmäßigen Regelungen, sondern auch etwa darin enthaltener Ausschluss- bzw. Verfallsfristen. Letztere könne ihrem Gegenstand nach zumindest aufgrund der Bestimmung des § 22 S. 1 ArbnErfG allenfalls die reinen Zahlungsansprüche nach Festlegung und Fertigkeit der Erfindungsvergütung, nicht aber die Vergütungsansprüche selbst aus schöpferischen Leistungen eines Arbeitnehmers erfassen (BAG v. 21.6.1979, AP Nr. 4 zu § 9 ArbnErfG).

 

Rz. 669

Häufig wird im Rahmen eines Aufhebungsvertrages oder einer sog. Ausgleichsquittung zwischen den sich trennenden Arbeitsvertragsparteien festgehalten, keinerlei gegenseitige Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung zu haben. Derartig allgemein gehaltene Ausgleichsklauseln, die etwaige Ansprüche im Zusammenhang mit Erfindungen oder technischen Verbesserungsvorschlägen des Arbeitnehmers gar nicht ausdrücklich ansprechen, dürften in keinem Fall für einen rechtswirksamen Anspruchsverzicht genügen. Im Hinblick auf die qualitative wie quantitative Bedeutung derartiger Arbeitnehmererfinderansprüche dürfte für einen rechtswirksamen Arbeitnehmerverzicht in jedem Fall eine entsprechende eindeutige Formulierung der Klausel zu fordern sein oder sich ein Verzicht zumindest aus den Begleitumständen ergeben müssen (Bartenbach/Volz, ArbnErfG, § 26 Rn 60). Die Annahme, ein Arbeitnehmer wolle auf die ihm aus dem ArbnErfG infolge einer wirksamen Erfindungsanmeldung erwachsenden Ansprüche verzichten, bedarf besonderer Anhaltspunkte (BGH v. 17.12.2019 – X ZR 148/17, GRUR 2020, 388 Rn 41).

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