Rz. 676

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 ArbnErfG trifft den Arbeitnehmererfinder die Pflicht, eine Diensterfindung unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn die Erfindung während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht wurde, das Arbeitsverhältnis aber inzwischen rechtlich beendet wurde. Umgekehrt hat der Arbeitgeber nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbnErfG den Zeitpunkt des Eingangs der Erfindungsmeldung dem Arbeitnehmer ggü. unverzüglich schriftlich zu bestätigen.

 

Rz. 677

Hinsichtlich ihrer Rechtsnatur handelt es sich bei der Erfindungsmeldung – im Gegensatz zur Inanspruchnahme – nicht um eine Willenserklärung, sondern um eine Wissenserklärung, auf die die Vorschriften über Willenserklärungen (§§ 116 ff. BGB) nicht ohne Weiteres Anwendung finden (BGH v. 4.4.2006 – X ZR 155/03, GRUR 2006, 754 – Haftetikett).

 

Rz. 678

Die Meldung muss vom Arbeitnehmererfinder unverzüglich, nachdem die Erfindung gemacht wurde, also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB), ggü. dem Arbeitgeber abgegeben werden. Gemacht ist die Erfindung nach der Rspr. des BGH dann, wenn sie fertiggestellt ist i.S.d. Patent- und Gebrauchsmusterrechts, d.h. wenn die erfindungsgemäße Lehre durch den Durchschnittsfachmann ohne eigene erfinderische Überlegungen nachgearbeitet werden kann (BGH v. 10.11.1970 – X ZR 54/67, GRUR 1971, 210 – Wildverbissverhinderung).

 

Rz. 679

Eine vorher abgegebene Meldung ist rechtlich wirkungslos und muss nach Fertigstellung der Erfindung wiederholt werden (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen, Rn 116).

 

Rz. 680

Jedoch ist der Arbeitgeber kraft seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht verpflichtet, seinen Arbeitnehmer auf die nicht ordnungsgemäße Erfindungsmeldung bzw. diesbezügliche von ihm erkannte Mängel zur Vermeidung von Rechtsnachteilen aufmerksam zu machen.

 

Rz. 681

Wenn der Arbeitnehmer nach Erfindungsmeldung die bereits gemeldete Diensterfindung so weiterentwickelt, dass der Gegenstand der Erfindung um eigenständig erfinderische oder zumindest schöpferische Ergänzungen wesentlich verändert wird, bedarf es einer neuen Meldung der Erfindung (BGH v. 5.10.2005 – X ZR 26/03, Mitt. 2006, 89 – Ladungsträgergenerator).

 

Rz. 682

Nach § 5 Abs. 1 ArbnErfG muss die Erfindungsmeldung in Textform erfolgen. Auch Erfindungsmeldungen per E-Mail genügen diesen Formanforderungen. Für Meldungen vor dem 1.10.2009 (§ 43 Abs. 3 ArbnErfG) ist zu beachten, dass das ArbnErfG bis zu diesem Zeitpunkt noch ein Schriftformerfordernis enthielt, das durch Meldungen per E-Mail nicht erfüllt wurde (LG München I v. 8.7.2013 – 7 O 6031/12).

 

Rz. 683

Eine lediglich mündlich oder formlos erfolgte Meldung kann nach der Rspr. ausnahmsweise dann ausreichen, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber durch die mündliche Mitteilung über alle Erkenntnisse verfügt, die ihm der Arbeitnehmererfinder durch die Erfindungsmeldung verschaffen soll (BGH v. 12.4.2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 733 – Initialidee). Denkbar ist im Einzelfall auch, dass die Arbeitsvertragsparteien in Form eines stillschweigenden Verzichtes (BGH v. 17.1.1995 – X ZR 130/93, NJW-RR 1995, 696 – Gummielastische Masse) oder gar einer diesbezüglich bestehenden betrieblichen Übung damit einverstanden sind. Allerdings ist bei der Prüfung der näheren Umstände, aus denen auf einen Verzicht des Arbeitgebers auf die Schriftlichkeit der Erfindungsmeldung geschlossen werden soll, ein strenger Maßstab anzulegen (BGH v. 24.11.1961 – I ZR 156/59, GRUR 1962, 307 = AP Nr. 1 zu § 5 ArbnErfG – Federspannvorrichtung; OLG München v. 17.9.1992 – 6 U 6316/91, GRUR 1993, 661 – Verstellbarer Lufteinlauf).

 

Rz. 684

Ein Verstoß gegen die Formvorschriften der Erfindungsmeldung ist nach Ansicht des BGH unbeachtlich, wenn in einer der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung vergleichbaren Form dokumentiert ist, dass der Arbeitgeber das Wissen und die Erkenntnismöglichkeit hat, die ihm nach § 5 ArbnErfG vermittelt werden müssen. Nach dem Zweck des § 5 ArbnErfG bedarf es einer den Formvorschriften entsprechenden Meldung dann aus Sicht des BGH nicht mehr (BGH v. 4.4.2006 – X ZR 155/03, GRUR 2006, 754 – Haftetikett; krit. Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen, Rn 124; Hellebrand, Mitt. 2001, 195 ff.). Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmererfinder entwickelten Lehre zum technischen Handeln zum Patent angemeldet und alle beteiligten Erfinder benannt hat (BGH v. 4.4.2006 – X ZR 155/03, GRUR 2006, 754 – Haftetikett). Mit der Anmeldung des Patents hat der Arbeitgeber dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf, weil er bereits über die Erkenntnisse verfügt, die ihm durch die Erfindungsmeldung verschafft werden sollen (BGH v. 12.4.2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 733 – Initialidee). Die Inanspruchnahmefrist beginnt dann spätestens mit dem Anmeldetag der ersten auf die Erfindung getätigten Schutzrechtsanmeldung (OLG Düsseldorf v. 27.2.2003, Mitt. 2004, 418 – Hub-Kipp-Vorrichtung). Dabei kann auch eine Patentanmeldung durch den Arbe...

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