Rz. 74

Von der aus der Tachoscheibe ersichtlichen Geschwindigkeit wird grundsätzlich ein Sicherheitsabzug von 6 km/h vorgenommen (OLG Bamberg zfs 2008, 295), andernfalls muss ein Sachverständiger zugezogen werden. Für die Beurteilung von kurzfristigen Überschreitungen muss der Richter ebenfalls einen Sachverständigen hinzuziehen, längere (ab 2 km/h) und gleichbleibende Geschwindigkeitsüberschreitungen kann ein erfahrener Verkehrsrichter, ohne einen Sachverständigen hinzuzuziehen, selbst beurteilen (OLG Düsseldorf NZV 1996, 503; OLG Jena DAR 2005, 44; OLG Bamberg zfs 2008, 295).

 

Rz. 75

 

Tipp: Verwertbarkeit

Schaublätter bzw. die entsprechenden Daten sind nur dann verwertbar, wenn sie nach den von der Prozessordnung hierfür vorgesehenen Regeln in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind (OLG Jena DAR 2005, 44).

 

Rz. 76

 

Achtung: Verfahrenshindernis?

Da die Bußgeldbehörden den Verstoß zumeist zeitlich und örtlich nicht zuordnen können, geben sie im Bußgeldbescheid die Kontrollstelle oder den Firmensitz des Halters als Tatort an. Dies soll nach Auffassung des OLG Hamm (zfs 1994, 187) und des BayObLG (DAR 1996, 31) ausreichen.

Suhren[20] und LG Münster (DAR 1995, 303) sehen dagegen in einem derartigen Bußgeldbescheid keine ausreichende Verfahrensgrundlage mit der Folge, dass das Bußgeldverfahren wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt werden müsste.

Zumindest aber dann, wenn die einzelnen Geschwindigkeitsverstöße zeitlich nicht so genau bestimmt sind, dass die prozessrechtliche Individualisierung außer Zweifel steht, bildet der Bußgeldbescheid keine ausreichende Verfahrensgrundlage (BayObLG zfs 1995, 354; NZV 1998, 515).

Dabei soll zur Individualisierung auf den Akteninhalt zurückgegriffen werden können (BayObLG DAR 1996, 31; NZV 1998, 515; a.A. BGHSt 23, 336; OLG Karlsruhe Die Justiz 1980, 157).

[20] NZV 1992, 271.

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