A. Allgemeines

 

Rz. 1

Nachfolgeplanung ist gekennzeichnet durch widerstreitende Zielsetzungen. Hier kann es viele unterschiedliche Fragen geben, die es zu klären und zu beantworten gilt. Wie wollen wir umgehen mit: Fortbestand des Unternehmens, Erhalt des Familienfriedens, Gleichbehandlung aller Kinder, Erhalt des Lebensstandards im Alter und ggf. auch Existenzsicherung, Umstrukturierung des Unternehmens entsprechend der Vorstellung des Übernehmers, leistungsrechte Bezahlung tätiger Gesellschafter, u.v.m.

Der Unternehmer ist einerseits Geschäftsmann und/oder -partner sowie Arbeitgeber, andererseits auch Ehemann und Familienvater. Die Nachfolgerin will das Unternehmen führen – die Geschwister wollen ebenfalls Unternehmensnachfolger sein, oder eine finanzielle Beteiligung am Unternehmenswert erhalten.

In diesen Fragen und Wünschen steckt viel Konfliktstoff, der sowohl die Familie als auch das Unternehmen schwer belasten kann.[1] Dabei ist das Problem nicht allein mit juristischen Mitteln zu lösen. Denn gerade bei der (familieninternen) Übernahme braucht es zunächst einen Konsens in der Familie, der dann vertraglich und tatsächlich umgesetzt werden kann.

 

Rz. 2

In der Gestaltung einer Unternehmensnachfolge[2] kann die Mediation ein Instrument zur Lösungsfindung sein, da sowohl persönliche als auch wirtschaftliche Aspekte, die aktuellen tatsächlichen Gegebenheiten sowie auch zukünftige Herausforderungen mit dieser Methode "unter einen Hut" gebracht werden können.

Dabei lässt sich Mediation z.B. einsetzen bei geplant angegangenen Unternehmensnachfolgen, sei es durch die Übergabe an einen Übernehmer aus der Familie, sei es durch die Einsetzung eines fremden Geschäftsführers oder auch beim beabsichtigten Verkauf von Anteilen an familienfremde Dritte. Mediation lässt sich aber auch einsetzen, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und die Erben untereinander oder auch mit familienfremden Gesellschaftern uneins sind oder in Konflikt zu geraten drohen.

 

Rz. 3

Die Wirtschaftsmediation, gerade auch im Kontext der Unternehmensnachfolge, gewinnt in Deutschland erst langsam an Akzeptanz. Häufig werden notwendige Planungsschritte bei der Übergabe in die nächste Generation sowohl vom Übergeber als auch vom Übernehmer/den Übernehmern immer wieder auf später verschoben bzw. ad acta gelegt, da man die im Übergabeprozess häufig auftretenden unterschiedlichen Ansichten und gewünschten unterschiedlichen Handlungsoptionen als belastend empfindet und weitere Differenzen scheut. Dabei betrifft dies nicht nur Schwierigkeiten, die Eltern mit ihren Kindern haben. Auch und insbesondere Familienunternehmen, die den Übergang von der zweiten in die dritte bzw. der dritten in die vierte Generation auf ihrem Aufgabenplan haben, sind oft von Konflikten betroffen. Nicht selten treffen geschäftsführende Gesellschafter der zweiten Generation, die die jüngsten in ihrer Nachfolgeriege waren, auf Kinder ihrer älteren bereits ausgeschiedenen Geschwister oder Cousins und Cousinen. Animositäten und Verständnisschwierigkeiten, die in der Ursprungsgeneration unter dem Motto "Wir sind eine Familie" zum so verstandenen Wohle des Familienfriedens nicht angetastet wurden, brechen sich mitunter erst in den nachfolgenden Generationen ihre Bahn.

 

Rz. 4

Die Mediation bietet zum einen eine Gestaltungsplattform für Planungsvorgänge, in die neben Übergebern und Übernehmern Berater wie z.B. Rechtanwälte, Finanzspezialisten, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und führende Mitarbeiter unterschiedlicher Geschäftsbereiche zur Lösungsfindung mit einbezogen werden können. Zum anderen bietet diese Methode Raum, außerhalb eines langwierigen Gerichtsprozesses mit den Beteiligten zeitnah Lösungen zu entwickeln oder zumindest "brennende" Teilbereiche einer vorübergehenden Lösung zuzuführen, die in einem später folgenden weiteren Mediationsprozess zur endgültigen Regelung gebracht werden können.

 

Rz. 5

Es gibt Fälle, in denen der eine oder andere Beteiligte oder die Gegebenheiten des Sachverhaltes zwingend eines richterlichen Urteils bedürfen. Hierzu ist anzumerken, dass Mediation als gute Alternative zu einer Entscheidung per Urteil die spätere Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens nicht ausschließt. Man "vergibt" sich somit nichts, wenn man den in den USA verbreiteten und in Deutschland noch nicht sonderlich genutzten Weg einer Mediation beschreitet. Umgekehrt ist das schon eher der Fall – nach einem streitintensiven Gerichtsverfahren ist eine Mediation nahezu unmöglich.

Allzu oft zerstört das Gerichtsverfahren persönliche und wirtschaftliche Beziehungen der Beteiligten. Bei einem Gerichtsprozess wird der Streit autoritativ durch einen Richter entschieden. Dieser beurteilt einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt und wertet die Vorträge der Parteianwälte rechtlich. Die Betrachtung ist rückwärts orientiert. Parteien im Wirtschaftsleben und insbesondere Mitgliedern von Familienunternehmen liegt häufig die Gestaltung zukünftiger Beziehungen mehr am Herzen als die juristische Aufarbeitung des...

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