Rz. 66

Viele Unternehmen verfügen zumeist über eine langjährig gewachsene juristische und steuerliche Beratung. Es ist durchaus üblich, dass die Kontaktaufnahme zum Mediator bei Unternehmensnachfolgen über eine beteiligte Partei oder auch über einen Berater einer der Parteien geschieht. Eine genaue Rechtskenntnis des Feldes, in dem sich die Beteiligten bewegen, und eine Überprüfung der Vereinbarung auf tatsächlich rechtlich mögliche Wege erhöhen die Haltbarkeit von Mediationsvereinbarungen um einiges. Nur das Wissen um die eigene Rechtsposition befähigt die Medianten, selbstverantwortete Vereinbarungen treffen zu können, zu denen sie nachher auch stehen und die sie nach außen vertreten können.

Nun gibt es einmal die Möglichkeit, dass die beteiligten Rechtsanwälte extern beraten und nicht an der Mediation selbst teilnehmen, zum anderen aber ist es durchaus möglich, einen oder mehrere Anwälte in die Mediation mit einzubeziehen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten sich Rechtsrat einholen können. Die Einbeziehung von Beratungsanwälten ist zum einen möglich nach der Stufe der Interessen, wenn die Parteien wissen, um welche Themen es ihnen geht und warum.

 

Beispiel

Hier könnten Fragen an die Beratungsanwälte z.B. sein:

Was genau ist meine Rechtsposition in diesen Fragen?

Welche juristisch möglichen Handlungsalternativen bieten sich mir?

Kann ich auch anders entscheiden als es das Gesetz "normalerweise" vorgibt?

 

Rz. 67

Weiter ist die Einbeziehung der Beratungsanwälte u.a. machbar in der Stufe der Optionen: Die Medianden können mit ihren Beratern, seien es nun Anwälte oder Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder andere, sehr gut Handlungsoptionen erarbeiten und sich auf mögliche Angebote an die Gegenseite und ihre persönliche Reaktion auf Angebote, die sie von den anderen "erwarten", vorbereiten. Wichtig ist hierbei, dass auch die Anwälte möglichst optional denken und nicht nur mit ihren Mandanten eine einzige Lösung als die einzig gangbare entwickeln.

Am wichtigsten und im Grunde unabdingbar ist die rechtliche bzw. steuerliche Beratung spätestens vor der endgültigen Vereinbarung. Aber auch zwischendurch in den einzelnen Stufen können die Medianden immer wieder Rücksprache mit ihren Beratern nehmen und sich mit diesen durchrechnen, was die einzelnen angedachten Lösungswege finanziell oder im übertragenen Sinn kosten und ob und inwiefern diese durchsetzbar erscheinen. Der Mediator, auch wenn er selbst Rechtsanwalt ist, sollte niemals diese anwaltliche Beratung leisten.

 

Rz. 68

Einige Mediatoren erarbeiten mit ihren Medianden einen Fragenkatalog zur Überprüfung vor der Fixierung durch die beratenden Rechtsanwälte. Dieses hat den Vorteil, dass die Teilnehmer der Mediation rechtlich gesehen weitestgehend auf ähnlichem Stand sind, und zwar gegensätzliche Rechtsansichten vertreten werden, Herrschaftswissen einer Partei so aber vermieden ist.

Auch an der Ausarbeitung der Einigungsvereinbarung der Mediationsteilnehmer können und sollten deren Beratungsanwälte beteiligt werden. Es erhöht die Haltbarkeit derartiger Vereinbarungen erheblich, wenn der erarbeitete Lösungsweg juristisch korrekt untermauert wird.

 

Rz. 69

Neben juristischen Beratern können auch andere Fachleute als externe Berater direkt oder indirekt in Mediationen einbezogen werden. So ist zum einen die Einbeziehung von Steuerberatern, Wirtschaftsberatern, Finanzanalysten und ähnlichen für die Unternehmensnachfolgen relevanten Fachrichtungen möglich, zum anderen können auch fallspezifische psychosoziale Hintergrundfachberater wie Beratungspsychologen, die mit Generationenprozessen vertraut sind, einbezogen werden.

Auch Mitarbeiter des Unternehmens, um das es geht, die auf spezifisches Fachwissen, z.B. der Firmenhistorie, der Marketingstrategien, der Finanzlage und ähnliches zurückgreifen, können z.B. bei Unterbrechungen im Mediationsverlauf mitberaten oder zu einzelnen Punkten in vorher abgestimmter Form informativ gehört werden.[37] Es ist weiterhin denkbar, dass fachliche Übersetzer oder Dolmetscher und auch andere Familienangehörige bei gewissen Teilpunkten von Mediationen in den Sitzungsverlauf mit einbezogen werden können.

Ob die Berater direkt einbezogen werden, wie z.B. jeder Beratungsanwalt stellt seine Rechtssicht der Position seines Mandanten dar, oder rein indirekt einbezogen werden mit stets externen Beratungs-Rückspracheterminen Mandant–Rechtsanwalt, hängt zum einen davon ab, wie der gewählte Mediator das handhabt. Zum anderen hängt es ab von den Vereinbarungen der Mediationsteilnehmer und nicht zuletzt auch vom Zeit- und Kostenbudget. Auch während die Berater quasi "teilnahmslos", weil nicht als die aktiv handelnden Personen, in den Mediationsverhandlungen dabei sind, läuft bei den meisten die Honoraruhr weiter.

[37] Vgl. zu allgemeinen Sachverhaltsfragen sowie zur Einbindung von Sachverständigen Scherer/Risse, MAH Erbrecht, § 69 Rn 53.

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