Rz. 63

Einzelgespräche des Mediators mit einzelnen Medianten können in mehreren Phasen der Mediation eingesetzt werden und stattfinden. Bei Familienunternehmen kommt es vor, dass die einzelnen Beteiligten, und das betrifft nicht nur die der älteren Generation, sich bereits im Vorfeld des eigentlichen Mediationsverfahrens zunächst allein ein Bild vom zu erwartenden Rahmen machen wollen. Vorbereitende Informationsgespräche mit einzelnen oder kleineren Gruppen der Beteiligten sind hier keine Seltenheit.[34]

Bei größeren Mehrparteienmediationen werden auch die Regeln, Schweigepflichtvereinbarungen und anderen Themen des Erstgesprächs unter Umständen in Einzelsitzungen ausgehandelt.

 

Rz. 64

Immer wieder wird es Situationen geben, in denen einzelne Beteiligte über ihre Interessen oder Gedanken vor den Augen der Gegenseite nicht reden wollen, überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in bestimmter Hinsicht. Auch strategische Erwägungen können dazu führen, dass bestimmte Interessen im Plenum nicht offenbart werden. In der Stufe der Interessen greifen einige Mediatoren auf die Verlagerung der Prozesse in Einzelgespräche zurück.[35] Einzelgespräche sind ein Forum, in dem die Beteiligten vertrauensvoll mit dem Mediator kommunizieren können. Strategisch wichtige Informationen, die man der Gegenseite niemals preisgeben würde, werden eventuell dem Mediator mitgeteilt. In emotional stark belasteten Situationen sind Einzelgespräche zudem ein Instrument, das sich zur Deeskalation einsetzen lässt.[36]

 

Rz. 65

Wichtig beim Einsatz von Einzelgesprächen, die zum Teil auch wie in amerikanischer Rechtspraxis als Shuttle-Mediationen geführt wurden (d.h. der Mediator fungiert als Bote der Inhalte zwischen den Parteien), ist, dass zunächst über das Stattfinden der Einzelgespräche an sich Einigkeit besteht, darüber hinaus Vereinbarungen darüber getroffen werden, wie die mit den einzelnen Beteiligten erarbeiteten Ergebnisse dann wieder in die weitergehende Mediation einfließen. Der Mediator bzw. die Mediatoren sind hier sehr stark gehalten, auf ihre Neutralität zu achten, um sich möglichst nicht dem Vorwurf von "Mauscheleien" mit der Gegenseite auszusetzen. Dies bedeutet, dass man zum einen möglichst jeder Partei den exakt gleichen Zeitrahmen widmet und zum anderen mit den Beteiligten Wege findet, wie diese die erarbeiteten Ergebnisse selber in die weitere Entwicklung wieder einbringen.

In Co-Mediationen ist es meist so, dass der eine Mediator mit der einen Partei redet, der andere Mediator mit der anderen Partei und ggf. im weiteren Fortgang des Verfahrens diese Betreuung Mediator/Beteiligter getauscht wird.

[34] Vgl. hierzu Schwartz/Zierbock, ZKM 2001, S. 225 2.2.
[35] Sog. Caucus, vgl. Scherer/Risse, MAH Erbrecht, § 69 Rn 49.
[36] Vgl. hierzu ausführlich Risse, Wirtschaftsmediation, S. 241 ff.

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