Rz. 70

Als einer der Vorteile der Mediation gegenüber dem Gerichtsverfahren wird die Zeitersparnis genannt. Die zeitlich kostenaufwendige Vorbereitung durch überbordende Schriftsätze entfällt. Als privater Dienstleister steht ein Mediator relativ zeitnah zur Verfügung. Auch wenn die Mediation nicht zu einem Ergebnis in Form eines juristischen Vertragswerkes führt, werden im Mediationsverfahren häufig die wesentlichen Streitpunkte so klar herausgearbeitet, dass im anschließenden Prozess ein konzentriertes Vorgehen möglich ist und investierte Kosten somit wieder eingespielt werden. Während Gerichtsverfahren sich oft über Jahre hinziehen, können Mediationen in der Unternehmensnachfolge in wenigen Wochen zu tragbaren Lösungserarbeitungen führen. Hinsichtlich der Kosten wird im Mediatorenvertrag meist eine nach Zeitaufwand bemessene Honorarvereinbarung getroffen.

 

Rz. 71

Vergleicht man die direkten Verfahrenskosten eines Mediationsverfahrens mit denjenigen eines Schieds- oder eines Gerichtsverfahrens, so stellt man fest, dass insbesondere bei Streitwerten jenseits von 5.000 EUR das Mediationsverfahren die weitaus günstigste Variante darstellt. Die Differenz wird mit steigenden Streitwerten zunehmend größer, sodass Mediationsverfahren gerade auch in wirtschaftlich sehr bedeutenden Konflikten erhebliche Kostenvorteile mit sich bringen.[38]

Dabei ist zu beachten, dass noch die indirekten Kosten wie Managementzeit, Verlust von Geschäfts- und persönlichen Beziehungen, Motivationsverluste etc. gar nicht berücksichtigt sind. Mediation hat mit Blick auf die Kosten einen positiven Optionswert.

 

Rz. 72

Aus einer ex ante Perspektive lohnt es sich immer, die Mediation einem Schieds- oder Gerichtsverfahren vorzuschalten.[39] Mediationsverfahren sind nicht öffentlich, es muss daher keine Partei befürchten, durch das Verfahren eine negative Publicity zu erhalten.[40] Während das Gericht meist einen rückwärts gerichteten Sachverhalt beurteilt, ist in der Mediation die zukunftsorientierte Gestaltung das Ziel. Im Gegensatz zum herkömmlichen Prozess erleichtert Mediation den Erhalt der Partei-Beziehungen. Darüber hinaus bietet Mediation die Möglichkeit, in einer niedrigeren Eintrittsschwelle komplexe Erbstreitigkeiten oder Auseinandersetzung in Familiengesellschaften einer Lösung zuzuführen, da dort häufig im Interesse des sogenannten Familienfriedens vermieden wird, den eigenen Verwandten vor Gericht zu zerren, und die Beteiligten häufig mit jahrelangen schwelenden Konflikten das Leben verbringen. Das ist für viele zermürbend und kräftezehrend. Darüber hinaus sind durch den nicht ausgesprochenen Konflikt oft Mitarbeiter und der Umgang untereinander im Unternehmen ebenfalls negativ mitbeeinträchtigt.

 

Rz. 73

Es soll jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass Mediation nicht der einzig gangbare Weg zu einer Lösungsfindung ist. Auf jeden Fall ist Mediation dort nicht einsetzbar, wo wegen drohender nicht rückgängig machbarer Veränderung im Streitgegenstand sofort durchsetzbare Entscheidungen gefällt werden müssen. Hier helfen nur gerichtliche Eilanordnungen. Die Risiken der Mediation müssen im Einzelfall stets mit den Chancen, die dieses Verfahren bietet, abgewogen werden.[41]

Entscheidungserhebliche Kriterien, ob ein Konflikt/Themenkreis eher gerichts- oder eher mediationsgeeignet ist, können sein:

Gerichtsgeeignete Indikatoren:

Bedürfnis nach Öffentlichkeitswirksamkeit
Bedürfnis nach Präzedenzentscheidung
Eilbedürftigkeit/einstweiliger Rechtschutz
Eindeutige Rechtslage
Zwingendes Recht
Eine Partei hat keine Dispositionsbefugnis
Fehlendes Vertrauen in die andere Partei
Kriminelle Handlungen einer Partei
Starkes Machtungleichgewicht.

Mediationsgeeignete Indikatoren:

Erfordernis von Planungssicherheit
Erhalt von Familienbeziehungen
Anderer Beteiligter wird zukünftig zur Verwirklichung eigener Ziele gebraucht
Wunsch nach Gestaltung für die Zukunft
Hohe Komplexität der Themenkreise
Kalkulierbarkeit der Kosten
Persönliche Differenzen / hohe Emotionalität
Unklare sach- und/oder Rechtslage
Vorrangigkeit nichtrechtlicher Interessen
Wunsch einer "Generallösung".
[38] Vgl. dazu Scherer/Risse, MAH Erbrecht, § 69 Rn 74 f.; Becker/Horn, ZEV 2006, 250 Punkt 4.
[39] Eidenmüller, RIW 2002, 2.
[40] Vgl. hierzu Risse, NJW 2000, 1618.
[41] Vgl. hierzu Risse, NJW 2000, 1620.

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