Rz. 10

Gegenüber dem herkömmlichen Gerichtsverfahren verbleiben bei der Mediation die Problemlösung und damit auch das Verfahren zum Entwickeln einer Lösung in der Autonomie der Parteien. Der Ablauf des spezifischen Mediationsverfahrens ist daher nicht kodifiziert. Gleichwohl hat sich auch basierend auf den genannten Entwicklungen aus den USA die nachfolgend dargestellte Grundstruktur in der Verhandlungsführung wegen der Zweckmäßigkeit etabliert.[7] Je nach Ausbildungsgang werden hierbei fünf bis sieben Ablaufstufen vom Mediator als Grundbauplan angewendet:

Vorlaufphase
Erstgespräch
Themensammlung
Interessen
Optionen
Verhandeln
Vereinbaren.
[7] Scherer/Risse, MAH Erbrecht, § 69 Rn 41 ff.; Wiese/Born, Unternehmensnachfolge, Tz 17.104 ff.; Fries/Lenz-Brendel/Roglmeier, ZErb 2018, 53 m.w.N.

I. Vorlaufphase

 

Rz. 11

Die sogenannte Vorlaufphase ist einer der Ablaufschritte, der nicht als zwingend notwendig angesehen wird.[8] In dieser Phase entscheidet sich oft, ob eine Mediation überhaupt zustande kommt und manchmal, ob sie gelingt.

In vielen Fällen findet mit allen Beteiligten ein meist kostenloses Informationsgespräch des Mediators über das System der Mediation an sich statt. Die meisten Mediatoren erklären hierbei in ca. 30 Minuten den Ablauf eines Mediationsfalles an sich, die einzelnen Schritte – wie im Grundbauplan gelistet – und grundsätzliche Fragen zu Zeitplänen und Kostenaufteilungen. Im Anschluss an dieses Informationsgespräch können sich die Parteien frei entscheiden, ob sie ein solches Mediations-Verfahren in Anspruch nehmen wollen oder nicht.

 

Rz. 12

In der Vorlaufphase geht es um den Erstkontakt zu den einzelnen Beteiligten, eine Klärung des Auftrags, Überlegungen, wer an der Mediation überhaupt teilnimmt und Klärung der weitergehenden Planung für Setting, Ort, Verpflegung, Zeitmanagement und Ähnliches. Für den Mediator bedeutet diese Phase, so sie denn durchgeführt wird, einen hohen Einsatz an Zeit und Überlegungen, die er in die anschließende Kostenkalkulation mit einfließen lassen sollte.

 

Rz. 13

Die Vorlaufphase ist besonders wichtig bei komplexen Mediationen, wie sie auch Familienmediationen, Erbmediationen und Mediationen in der Unternehmensnachfolge darstellen. Für den Mediator gilt es hierbei herauszufinden, inwiefern wer an der Mediation teilnehmen sollte, ob und wie weit reichend Entscheidungsbefugnis der einzelnen Mediationsteilnehmer gegeben ist, wer die Entscheidungsträger überhaupt sind. Außerdem sind die juristischen, soziologischen, psychologischen und organisationsrelevanten Aspekte des Feldes, in denen diese Mediation stattfinden soll, zu klären. In der Regel führt der Mediator entweder eine zeitgleiche Telefonkonferenz mit allen potentiell Beteiligten oder stellt mit den Beteiligten einzeln Telefonkontakt her. Ggf. können auch Einzelgespräche vor dem eigentlichen Beginn der Mediation stattfinden.

[8] Wiese/Born, Unternehmensnachfolge Tz 17.109; Neuvians, ZKM 2011, 93.

II. Erstgespräch

 

Rz. 14

Die nächste Phase ist das sogenannte Erstgespräch oder erste Gespräch, in dem alle Beteiligten mit dem Mediator zum einen den spezifischen Auftrag an den Mediator klären, zum anderen über die geplante Dauer der Mediation, die voraussichtlichen Kosten der Mediation, sowie die Aufteilung der Kosten eine Einigung erzielt wird. Der Mediator informiert hier über den Prozess der Mediation und die Rolle des Mediators als allparteilicher Vermittler zwischen den Beteiligten. Es wird besprochen, inwiefern eine noch zu erarbeitende Einigung der Parteien eine bestimmte Form erhalten muss (Handschlagseinigung, Vertrag, von den beteiligten Rechtsanwälten erarbeiteter Vertrag, notarielle Beurkundung). Wenn gewisse Formen der Protokollierung erforderlich sind, wird auch dieses besprochen.

Darüber hinaus geht es um Regelungen zu Verschwiegenheit sowohl des Mediators, als auch der beteiligten Personen.

 

Rz. 15

Die Beteiligten besprechen, wie sie mit der Offenlegung von Daten, Fakten und Interna umgehen wollen, um eine Lösung erarbeiten zu können. Ebenfalls angesprochen wird, ob es bereits getroffene Vereinbarungen bzw. Verträge gibt, die für diese Einigung eine Rolle spielen. Der Mediator klärt mit den Beteiligten, wie und wo im Verfahrensablauf eine Einbeziehung von Beratungsanwälten und anderer Experten wie Steuerberater, Finanzberater und der Spezialisten für Firmeninterna erfolgen kann und sollte. Auch die Einbeziehung anderer betroffener Personen wie der nächsten Generation oder anderer Anverwandter oder von Mitarbeitern ist in einzelnen Phasen möglich und kann in der Phase Erstgespräch vom Theoretischen her besprochen werden.

 

Rz. 16

Sofern ein "Brandherd" dringend zu regeln ist, kann mitunter bereits im Erstgespräch Einigung darüber erzielt werden, inwiefern eine Übergangsregelung denkbar und umsetzbar wäre.

Die meisten Mediatoren erarbeiten darüber hinaus im Erstgespräch Regeln speziell für diese Mediation, sei es Sitzungsdauer, notwendige Pausen, besondere Anforderungen an die Örtlichkeiten der Mediation und vor allem Umgang mit mögli...

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