a) Erbfall vor und während des Insolvenzverfahrens

 

Rz. 213

Vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ererbtes Vermögen ist in vollem Umfang Bestandteil der Insolvenzmasse und von dem Schuldner in dem Vermögensverzeichnis gem. § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO anzugeben. Ebenso sind Erbschaften oder Vermächtnisse, die dem Schuldner während des Insolvenzverfahrens anfallen, in vollem Umfang Insolvenzmasse. Dies bedeutet, dass der Nachlass bis zu einer etwaigen Ausschlagung der Erbschaft (vorläufig) der Insolvenzmasse zufällt und dass die Verwertung des Nachlasses durch den Insolvenzverwalter zugunsten der Masse erfolgt, nachdem die Annahme der Erbschaft durch den Schuldner erfolgt ist. Der Schuldner ist gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Auskunft verpflichtet; er hat den Insolvenzverwalter unaufgefordert zu unterrichten. Die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft steht als höchstpersönliches Recht gem. § 83 Abs. 1 InsO ausschließlich dem Schuldner zu. Die Ausschlagung ist der Insolvenzanfechtung entzogen und beseitigt den Anfall der Erbschaft gem. § 1953 Abs. 1 BGB von Anfang an.

Der Pflichtteilsanspruch gem. §§ 2303, 2305 BGB gehört ebenfalls zur Insolvenzmasse. Seine Verwertung ist solange ausgeschlossen, bis der Anspruch anerkannt oder rechtshängig gemacht worden ist. Die Entscheidung darüber, ob der Anspruch durchgesetzt werden soll, steht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht dem Insolvenzverwalter, sondern ausschließlich dem Pflichtteilsberechtigten zu.[136]

[136] Vgl. Uhlenbruck/Hirte/Praß, § 35 Rn 201 f. m.w.N.

b) Erbfall/Schenkung/Gewinn nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und vor dem Ende der Abtretungsfrist

 

Rz. 214

Eine nach Beendigung des Insolvenzverfahrens während des Restschuldbefreiungsverfahrens anfallende Erbschaft unterliegt nicht dem Insolvenzbeschlag. Als Rechtsinhaber ist der Schuldner daher vollumfänglich zur Verfügung berechtigt, wenn er die Erbschaft nach dem Aufhebungsbeschluss macht. Der Schuldner ist jedoch, wenn er vor Ablauf der Wohlverhaltensperiode erwirbt, nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO dazu verpflichtet, die Hälfte des Wertes des erlangten Vermögens an den Treuhänder herauszugeben. Unter den Erwerb von Todes wegen fällt jeder Erwerb aufgrund gesetzlicher, testamentarischer oder erbvertraglicher Erbfolge sowie gleichstehende Arten des Erwerbs. Erfasst sind insbesondere die vorweggenommene Erbschaft, der Erwerb aus Vermächtnis und Abfindungen für einen Erbverzicht. Auch Pflichtteilsansprüche sind von der Obliegenheit des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

Der Schuldner ist verpflichtet, den halben Wert der Erbschaft an den Treuhänder herauszugeben. Dabei handelt es sich um eine Zahlungspflicht des Schuldners. Diese besteht in Höhe des nach Abzug der Kosten und Belastungen und etwaigen Verwertungskosten ermittelten hälftigen Nettowertes des Vermögenserwerbs des Schuldners.

Die Ausschlagung der Erbschaft, der Erbverzicht und der Pflichtteilsverzicht stellen keine Obliegenheitsverletzungen dar.

Schenkungen – ausgenommen gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke – sind ebenfalls zur Hälfte des Wertes von dem Schuldner an den Treuhänder herauszugeben. Gewinne von nicht nur geringem Wert aus Lotterien und anderen Glücksspielen sind in voller Höhe herauszugeben.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge