Rz. 30

Grob strukturiert können folgende, regelmäßig erforderliche Maßnahmen unterschieden werden:

 

Rz. 31

1. Inbesitznahme der Wohnung/des Hauses

Absicherung (Schlüssel, Fenster geschlossen, Bewachung während der Beerdigung, besondere Absicherung erforderlich für wertvolle Hausratsgegenstände, Kunstsammlungen, Teppiche usw.)
Versorgung der Haustiere und Pflanzen
 

Rz. 32

2. Kontaktaufnahme

zu den Erben
dem Arbeitgeber
dem Vermieter (Schönheitsreparaturen, Kündigung, Räumung der Wohnung)
dem Steuerberater
der Berufsgenossenschaft
der Kfz-Meldestelle
den Kreditkarteninstituten
der Rentenversicherung
dem Finanzamt
dem Grundbuch-/Katasteramt, Handelsregister
den Gläubigern des Erblassers
Versicherungen
 

Rz. 33

3. Ermittlung der Nachlassaktiva

Bankvermögen
Wertpapierdepots
Bausparverträge
Lebensversicherungsverträge
Grundvermögen
Beteiligungen
Auslandsvermögen
evtl. Ansprüche auf Sterbegeld (Krankenkasse, Beihilfe, BeamtenversorgungsG)

Die ersten Informationen über Bankvermögen kommen für Testamentsvollstrecker, die aus dem Bankenbereich kommen, aus dem eigenen Hause. Soweit der Erblasser – wie häufig – daneben auch noch Bankbeziehungen zu anderen Häusern unterhält, kann der Berater, der für den Kunden einen Finanzplan erstellt hat, mit weiteren Informationen dienen. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich regelmäßig über aufgefundene Kontoauszüge. Es ist darauf zu achten, dass diese Kontoauszüge auch über einige Jahre rückwärts vorliegen, um ggf. Ansprüche, die gegen den Nachlass erhoben werden, abwehren oder Ansprüche des Nachlasses geltend machen zu können. Darüber hinaus ermöglicht die Kenntnis über zurückliegende Zahlungsvorgänge Rückschlüsse auf das finanzielle Gebaren des Erblassers.

 

Rz. 34

4. Ermittlung der Nachlasspassiva

Arzt- und Krankenhausrechnungen
Darlehensverpflichtungen
Steuervorauszahlungen (ggf. ist Antrag auf Herabsetzung auf Null zu stellen)
 

Rz. 35

5. Beendigung von Vertragsverhältnissen

Mietvertrag
Versorgungsverträge (insbes. Strom, Wasser, Telefon, Internet, Kabelanschluss)
Vereinsmitgliedschaften
Zeitschriften und Zeitungen
Daueraufträge
Versicherungen
Rundfunkbeitrag[21] (früher: GEZ)
 

Rz. 36

Mietrechtlich ist zu beachten, dass der Tod des Erblassers nicht automatisch zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, sondern es einer Kündigung bedarf. Bei den Rechtsfolgen ist zwischen allgemeinem Mietrecht und Wohnraummietrecht zu unterscheiden. Im Wohnraummietrecht gibt es das Eintrittsrecht für die nächsten Angehörigen nach §§ 563, 563a BGB. Fehlen Angehörige, ist dringend zu raten, von dem Sonderkündigungsrecht nach § 564 BGB Gebrauch zu machen.

 

Rz. 37

Die Kündigungserklärung kann bei angeordneter Testamentsvollstreckung nur durch den Testamentsvollstrecker abgegeben werden, wegen § 2202 Abs. 1 BGB aber erst ab Amtsantritt erklärt werden. Damit ist die Einhaltung der Frist des § 564 Satz 2 BGB vielfach nicht möglich. Allgemein wird dem Testamentsvollstrecker eine Überlegungsfrist von bis zu zwei Wochen nach Amtsannahme zugebilligt, um noch zeitlich rechtzeitig die Kündigung auszusprechen.[22]

 

Rz. 38

Im Bereich der Versicherungen ist insbesondere an die private Haftpflichtversicherung, die Hausratsversicherung, die Kfz-Haftpflicht und -Kaskoversicherung, die Wohngebäudeversicherung, die Rechtsschutzversicherung, Unfallversicherung und private Krankenversicherung zu denken. Sämtliche Versicherungen sind möglichst umgehend über den Todesfall zu benachrichtigen. Sodann ist zu klären, welche Versicherung sinnvollerweise noch vorübergehend aufrechterhalten werden soll, weil dies der Absicherung des Nachlasses dient. Besonders ist hier an die Hausrat- und Gebäudeversicherung zu denken, ebenfalls an die Kfz-Versicherung. Besteht eine Unfallversicherung, und ist mit dieser eine Todesfallleistung vereinbart, so ist sofort zu reagieren. Der Tod muss innerhalb von 48 Stunden dem Versicherer gemeldet werden, um ihm gegebenenfalls die Möglichkeit einer Obduktion zu ermöglichen.

 

Rz. 39

6. Handlungsempfehlungen für den Testamentsvollstrecker

Der Nachlass des Maximilian Graf von Koks erscheint sehr übersichtlich. Zu seiner Inbesitznahme genügen daher zunächst folgende Maßnahmen:

Die bei der Spar-Verwaltungs-Bank AG vorhandenen Konten – einschließlich des Mietkontos und des Wertpapierdepots – werden in Nachlasskonten umgeschrieben, auf die nur der Testamentsvollstrecker bzw. sein Bevollmächtigter Zugriff hat. Anderkonten sind dringend anzuraten, um die Trennung des Nachlassvermögens vom Eigenvermögen des Testamentsvollstreckers sicherzustellen.[23]
Zeitgleich erfolgt die Kontaktaufnahme zu den Erben.
Die Inbesitznahme des Mehrparteienhauses in Wanne-Eickel erfolgt dadurch, dass sich der Mitarbeiter der Bank als (Bevollmächtigter des) Testamentsvollstrecker(s) bei den Mietern vorstellt und sie darüber unterrichtet, dass die Mietverhältnisse bis zu Auseinandersetzung des Nachlasses seiner Verwaltung unterliegen.
Alle Vertragsverhältnisse werden, soweit sie ni...

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