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Nicht in jedem Fall ist ein Behinderter auch geschäftsunfähig. In diesen Fällen kommt auch in Betracht, dass ein Behinderter auf seinen Pflichtteil verzichtet (§ 2346 BGB). Dem OLG Köln zufolge ist ein solcher Verzicht auch nicht im Falle des Bezuges von Sozialleistungen sittenwidrig.[72] Der Bezug von Sozialleistungen durch den Verzichtenden macht allein den Pflichtteilsverzicht nicht unwirksam.[73] Überwiegend wird in diesen Fällen die Sittenwidrigkeit des Verzichts eines Sozialleistungsempfängers verneint.[74] Aber während eines Insolvenzverfahrens und auch eines Restschuldbefreiungsverfahrens kann der Schuldner einen Pflichtteilsverzicht nach § 2346 BGB erklären, ohne dass er gegen Obliegenheiten verstößt oder dieser nach dem AnfG oder der InsO anfechtbar ist.[75] Der BGH hat eindeutig den lebzeitigen Pflichtteilsverzicht eines behinderten Kindes gegenüber den Eltern als zulässig erachtet.[76] Dort lag der Erblasser schon auf dem Sterbebett. Damit ist den Eltern von behinderten Kindern ein zulässiges Gestaltungsinstrument ermöglicht worden, rechtzeitig ihr Erbe zu regeln, das behinderte Kind abzusichern und das Familienvermögen zu erhalten. Entsprechendes gilt im Übrigen, wenn der Hilfebedürftige eine nicht oder nur eingeschränkt verwertbare Erbschaft antritt und auf die Möglichkeit verzichtet, das Erbe auszuschlagen und den möglicherweise leichter verwertbaren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen.[77] Unbenommen davon bleibt dem Sozialhilfeträger nach dem Erbfall, den Pflichtteilsanspruch überzuleiten, wenn gerade kein Pflichtteilsverzicht erklärt wurde. Entsprechendes gilt, wenn der Pflichtteilsverzicht formunwirksam erklärt worden ist.[78]

[73] Dauner-Lieb/Grziwotz/Hohmann-Dennhardt/v. Proff zu Irnich, Handkommentar Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2017, Anh. 6 Rn 9.
[74] BeckOK BGB/Litzenburger, § 2346 Rn 3.
[75] BGH NJW 1997, 2384 (Anfechtung); Nieder/Kössinger, Testamentsgestaltung, § 21 Rn 118c.
[76] BGH ZErb 2011, 117; Kleensang, ZErb 2011, 121.
[77] NK-NachfolgeR/Bienert, §§ 11 ff. SGB II, §§ 82, 90 SGB XII Rn 32.

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