A. Einführung

I. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 48 Abs. 1 ArbGG bestimmt, dass für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit die §§ 1717b GVG mit bestimmten Maßgaben entsprechend gelten. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis sowie über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Für die in diesem Handbuch in erster Linie dargestellten Kündigungsrechtsstreitigkeiten und Rechtsstreitigkeiten betreffend die Arbeitnehmereigenschaft und die Arbeitgebereigenschaft (Statusklagen) sind die Arbeitsgerichte ausschließlich rechtswegzuständig. Die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen besteht des Weiteren für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen sowie aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, sowie bei Streitigkeiten über Arbeitspapiere (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. ce ArbGG).

II. Eigenständiger Rechtsweg

 

Rz. 2

Die Arbeitsgerichtsbarkeit stellt gegenüber allen anderen Gerichtsbarkeiten einschließlich der ordentlichen Gerichtsbarkeit einen eigenständigen Rechtsweg dar.[1] Dies folgt aus § 48 ArbGG und §§ 17a ff. GVG.[2] Über die Zulässigkeit des Rechtsweges wird in einem besonderen Vorwegverfahren entschieden, § 17a Abs. 24 GVG i.V.m. § 48 ArbGG. Eine Klageabweisung wegen Unzulässigkeit ist damit ausgeschlossen; vielmehr muss der Rechtsstreit bei Unzulässigkeit des Rechtsweges an das zuständige Gericht verwiesen werden, § 48 ArbGG, § 17a Abs. 2 S. 1 GVG. Nur eine rechtskräftige und damit bindende Verweisung eines anderen Gerichts kann die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte trotz ihrer Nichtzuständigkeit begründen. Wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die vorgenannten Streitigkeiten kann – von Ausnahmen abgesehen – die Rechtswegzuständigkeit auch nicht durch rügelose Einlassung begründet werden. Eine Ausnahme bilden die Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen und ihren Organmitgliedern, die gem. § 2 Abs. 4 ArbGG aufgrund einer Vereinbarung vor die Arbeitsgerichte gebracht werden können. Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts kann aber nicht durch rügelose Einlassung des Beklagten begründet werden, gleichgültig ob dieser das Organmitglied oder die juristische Person ist. § 39 ZPO findet insoweit keine Anwendung.[3]

[1] BAG v. 28.4.1992, AP Nr. 11 zu § 50 BetrVG 1972.
[3] Vgl. dazu Stichler, BB 1998, 1531.

III. Schiedsvertrag in Arbeitsstreitigkeiten

 

Rz. 3

Auch durch Schiedsvertrag kann die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht ausgeschlossen werden. Ausnahmen hiervon gelten für die in § 101 Abs. 1 ArbGG genannten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien und die in § 101 Abs. 2 ArbGG genannten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis von Bühnenkünstlern, Filmschaffenden oder Artisten, wenn deren Arbeitsverhältnis einem Tarifvertrag mit Schiedsgerichtsvereinbarung unterfällt. Die tarifvertragliche Vereinbarung gilt nur für tarifgebundene Personen, erstreckt sich aber auch auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben.

IV. Internationale Zuständigkeit

 

Rz. 4

Die internationale Zuständigkeit[4] ist von § 48 ArbGG nicht erfasst. Sie ist stets und in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung.[5] Will das angerufene Gericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit vorab bindend feststellen, hat es im Wege eines Zwischenurteils gemäß § 280 ZPO, nicht aber durch Beschluss nach § 17a GVG zu entscheiden.[6] Ob die deutschen Arbeitsgerichte international zuständig sind, richtet sich primär nach den entsprechenden Vorschriften in den Verfahrensgesetzen und in internationalen Abkommen sowie nach europarechtlichen Vorschriften.[7] Hier ist insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) von Bedeutung.

Im Rahmen der EuGVVO sind wiederum der Erwägungsgrund Nr. 18 sowie die Art. 20–23 von besonderer Bedeutung. Nach Art. 20 ist für die Anwendbarkeit der EuGVVO vorausgesetzt, dass ein "individueller Arbeitsvertrag" oder Ansprüche aus einem solchen Gegenstand des Verfahrens sind. Dabei ist der Begriff des "individuellen Arbeitsvertrages" nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern unter Berücksichtigung von Art. 45 AEUV autonom auszulegen. Danach ist ein "individueller Arbeitsvertrag" eine Vereinbarung, mittels derer sich eine Person verpflichtet, während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen zu erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält.[8]

Wie auch...

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