1. Allgemeines/erfasster Personenkreis

 

Rz. 31

Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sind Arbeitnehmer i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG. Gem. § 1 Abs. 1 BBiG sind Berufsbildung im Sinne des BBiG die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Der Bereich der Berufsausbildungsvorbereitung ist durch Gesetz vom 23.12.2002[66] in § 1 Abs. 1 BBiG zusätzlich eingefügt worden. Gem. § 1 Abs. 2 BBiG dient die Berufsausbildungsvorbereitung dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen. Berufsausbildung ist nicht nur die im BBiG geregelte breit angelegte berufliche Grundbildung, sondern jede Maßnahme, die berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten auf betrieblicher Ebene vermittelt und aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung erfolgt.[67]

 

Rz. 32

Im Arbeitsgerichtsprozess sind unter Berufsausbildung i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur alle Bereiche der Berufsbildung nach § 1 Abs. 1 BBiG zu verstehen. Das gilt auch für den neu eingefügten Bereich der Berufsausbildungsvorbereitung. Es war auch schon bisher anerkannt, dass Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten zählen.[68] Zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten zählen Umschüler, Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen, Anlernlinge, Praktikanten und Volontäre, sofern der Volontär zur Arbeitsleistung verpflichtet ist und sein Praktikum nicht Teil einer öffentlich-rechtlich geregelten Schul- oder Hochschulausbildung ist. Der sog. Anlernling, der für eine bestimmte betriebliche Tätigkeit angelernt wird, wird vielfach in einem Arbeitsverhältnis stehen. So sehen es auch die Tarifvertragsparteien, die bestimmte Vergütungsgruppen für Anlernlinge geschaffen haben. Auszubildende, die in einem Beamten- oder Soldatenverhältnis stehen, zählen nicht zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG. Die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte besteht für den oben genannten Personenkreis kraft ausdrücklicher Bestimmung in § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich bei dem Berufsausbildungsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis oder ein Rechtsverhältnis besonderer Art handelt. Für Rechtsstreitigkeiten aus dem Ausbildungsverhältnis sind die Arbeitsgerichte zuständig.

[66] BGBl I, 4621.
[67] BAG v. 24.9.1981, AP Nr. 26 zu § 5 BetrVG 1972.
[68] BAG v. 10.2.1981, AP Nr. 25 zu § 5 BetrVG 1972.

2. Schlichtungsausschüsse

 

Rz. 33

Gem. § 111 Abs. 2 ArbGG können zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis im Bereich des Handwerks die Handwerksinnungen, im Übrigen die zuständigen Stellen im Sinne des BBiG Ausschüsse bilden, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören müssen. Der Ausschuss hat die Parteien mündlich zu hören. Wird der von ihm gefällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. Der Klage muss in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuss vorangegangen sein.

3. Zuständigkeit

 

Rz. 34

Der Schlichtungsausschuss ist zuständig zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis. Er ist nicht zuständig, wenn das Ausbildungsverhältnis beendet ist. Das BAG hält den Schlichtungsausschuss auch für Streitigkeiten über die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses für zuständig.[69] Für die Auffassung des BAG spricht die Entstehungsgeschichte des § 111 ArbGG.[70]

 

Rz. 35

Ist ein Schlichtungsausschuss gebildet, ist dessen Anrufung grundsätzlich Voraussetzung der arbeitsgerichtlichen Klage.[71] Diese Prozessvoraussetzung ist von Amts wegen zu prüfen. Die vor Anrufung des Schlichtungsausschusses eingereichte Klage ist unzulässig, wird aber nachträglich zulässig, wenn das nach Klageerhebung eingeleitete Schlichtungsverfahren beendet und der Spruch nicht anerkannt wurde. Die Anrufung des Schlichtungsausschusses steht nicht zur Disposition der Parteien. Das Arbeitsgericht wird auch nicht durch rügelose Einlassung in entsprechender Anwendung des § 295 ZPO zuständig.[72] Die Rechtslage ist indessen umstritten.[73] Das Schlichtungsverfahren ist aber jedenfalls dann nicht mehr erforderlich, wenn das Ausbildungsverhältnis beendet ist. Das ergibt sich unzweideutig aus § 111 Abs. 2 S. 1 ArbGG.[74]

[70] Germelmann u.a., § 111 Rn 17 m.w.N.
[71] BAG v. 25.11.1976, AP Nr. 4 zu § 15 BBiG.
[72] BAG v. 13.4.1989, NZA 1990, 395.
[73] Mit gegenteiliger Tendenz noch BAG v. 17.9.1987, BB 1988, 1462.

4. Anrufungsfrist

 

Rz. 36

Der Schlichtungsausschuss muss bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) gem. § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG nicht innerh...

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