I. Allgemeines

 

Rz. 92

Das ArbGG enthielt bis zum 1.4.2008 keine eigenständigen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit im Urteilsverfahren. Durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 wurde mit § 48 Abs. 1a ArbGG eine Regelung über den Gerichtsstand des Arbeitsortes in den Gesetzestext eingefügt.

Darüber hinaus enthält nur § 48 Abs. 2 ArbGG eine besondere Regelung über die örtliche Zuständigkeit. Gem. § 48 Abs. 2 ArbGG können die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichtes festlegen für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist.

II. Rügelose Einlassung

 

Rz. 93

§ 46 Abs. 2 ArbGG verweist wegen der örtlichen Zuständigkeit auf die §§ 1240 ZPO.

 

Rz. 94

Nicht nur die Kündigungsschutzklage, sondern jede Klage ist beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Zur Wahrung der dreiwöchigen Klagefrist, die seit dem 1.1.2004 erheblich an Bedeutung gewonnen hat, genügt auch die Klageerhebung vor dem örtlich unzuständigen Arbeitsgericht.[143]

 

Rz. 95

Die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Gerichts kann auch durch rügelose Einlassung zur Hauptsache begründet werden, sofern der Beklagte über die Unzuständigkeit des Gerichts und die Bedeutung seiner rügelosen Einlassung vorher gem. § 504 ZPO belehrt worden ist, § 39 ZPO. Eine Erörterung der Streitsache in der Güteverhandlung ist noch keine Verhandlung zur Hauptsache. Die Zuständigkeit des örtlich unzuständigen Gerichts wird erst dann begründet, wenn der Beklagte nach der entsprechenden Belehrung durch das Gericht rügelos weiter verhandelt. Ist der Beklagte nicht über die örtliche Unzuständigkeit belehrt worden, kann er jederzeit die Unzuständigkeit rügen und so einen Beschluss nach § 17a Abs. 3 GVG herbeiführen. Indessen kann durch die rügelose Einlassung die Zuständigkeit des Gerichtes dann nicht begründet werden, wenn es sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handelt oder wenn für die Streitigkeit ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist, § 40 Abs. 2 S. 2 ZPO. Letzteres gilt nicht für den als ausschließlich vereinbarten Gerichtsstand.[144] Bei dem Streit um das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Wirksamkeit einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses handelt es sich indessen um eine vermögensrechtliche Streitigkeit.[145]

[143] LAG Köln v. 30.6.2017, LAGE Nr. 116 zu § 14 TzBfG.
[144] Germelmann u.a., § 48 Rn 61.
[145] BAG v. 22.5.1984, EzA § 64 ArbGG 1979 Nr. 14.

III. Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit

 

Rz. 96

Die ZPO unterscheidet zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand einer Person und besonderen ausschließlichen Gerichtsständen. Kommen für eine Klage mehrere Gerichtsstände in Betracht, so hat der Kläger ein Wahlrecht, § 35 ZPO.

 

Rz. 97

Ist der Arbeitgeber eine natürliche Person, so bestimmt sich sein allgemeiner Gerichtsstand nach seinem Wohnsitz (§§ 12, 13 ZPO).

 

Rz. 98

Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, so wird der allgemeine Gerichtsstand durch ihren Sitz bestimmt (§ 17 ZPO).

 

Rz. 99

Der besondere Gerichtsstand der Niederlassung gem. § 21 ZPO ist für die Kündigungsschutzklage nur dann gegeben, wenn der Arbeitsvertrag von der Niederlassung aus oder in der Niederlassung geschlossen worden ist.[146] Wird der Arbeitnehmer am Ort der Niederlassung beschäftigt bzw. bezieht sich der Arbeitsvertrag gerade auf die Niederlassung, dann ist dies auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO.

 

Rz. 100

Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) regelt, dass das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Bei einer Kündigungsschutzklage, der Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und der Statusklage ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes regelmäßig der Sitz des Arbeitgebers. Dies gilt zweifellos in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer dort am Sitz des Betriebes ständig beschäftigt wird.[147] Nach zutreffender Auffassung kommt es in erster Linie darauf an, wo der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liegt.[148] Ist die Arbeitsleistung an ständig wechselnden Orten zu erbringen, so richtet sich der Erfüllungsort nach dem Ort des Betriebes, von dem aus der Arbeitnehmer seine Anweisungen erhält.[149] Der Schwerpunkt eines Arbeitsverhältnisses ist bei nicht ständiger Beschäftigung am gleichen Ort häufig schwierig zu bestimmen.

 

Rz. 101

Mit Wirkung zum 1.4.2008 wurde der besondere Gerichtsstand des Arbeitsorts (§ 48 Abs. 1a ArbGG) in das ArbGG eingefügt. Arbeitnehmer können seitdem auch Klage vor dem Arbeitsgericht erheben, in dessen Bezirk sie für gewöhnlich ihre Arbeit leisten...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge