Rz. 2

Nach der Legaldefinition des § 1975 BGB handelt es sich bei der Nachlassverwaltung um eine Nachlasspflegschaft, die zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger angeordnet ist. Aus diesem Grund sind auf die Nachlassverwaltung grundsätzlich zwei verschiedene Normensysteme anwendbar. Zum einen handelt es sich dabei um die allgemeinen Vorschriften über die Pflegschaft, §§ 1915 ff. BGB, so dass auch das Vormundschaftsrecht anzuwenden ist, allerdings nur insoweit, als dies mit Sinn und Zweck der Nachlassverwaltung vereinbar ist. Zum andern ähnelt die Nachlassverwaltung aufgrund mehrfacher Bezugnahmen auf die Insolvenzordnung ihrem rechtlichen Gepräge nach mehr einem geordneten Vermögensverwaltungsverfahren, von dem es sich allerdings in seiner Zielsetzung unterscheidet. Ziel der Nachlassverwaltung ist die vollständige Befriedigung der Nachlassgläubiger, während die Insolvenzverwaltung die gleichmäßige, (nur) quotale Befriedigung der Gläubiger bezweckt.[2] Dem entspricht auch die Stellung des Nachlassverwalters. Er ist nicht etwa gesetzlicher Vertreter, wie dies bei Pfleger und Vormund der Fall ist. Vielmehr handelt es sich bei ihm um ein amtlich bestelltes Organ zur Verwaltung einer fremden Vermögensmasse mit eigener Parteistellung im Rechtsstreit und damit vergleichbar dem Insolvenzverwalter.

 

Rz. 3

Die Nachlassverwaltung hat eine Doppelfunktion, die sich auch in der Antragsbefugnis (§ 1981 BGB – Abs. 1 einerseits und Abs. 2 andererseits) widerspiegelt. Den Interessen des Erben dient sie dadurch, dass sie die Möglichkeit schafft, Nachlass und Eigenvermögen getrennt zu halten und so eine Haftung des Erben mit seinem persönlichen Vermögen für Verbindlichkeiten des Nachlasses verhindert. Den Interessen der Nachlassgläubiger dient sie dadurch, dass sie diesen ein Instrument zur Verfügung stellt, dass das ererbte Vermögen vor einer Verschwendung durch den Erben schützt.

 

Rz. 4

Mit der Testamentsvollstreckung hat sie gemeinsam, dass beide Rechtsinstitute zu einer Trennung von Nachlassvermögen und Eigenvermögen des Erben führen und eine Fremdverwaltung des Nachlasses unter Ausschluss des Erben stattfindet. Unterschiede ergeben sich jedoch dadurch, dass mittels der Testamentsvollstreckung nur erreicht werden kann, dass die Eigengläubiger des Erben vor einem Zugriff auf den Nachlass abgewehrt werden. Für Verbindlichkeiten des Nachlasses bleibt aber die Verantwortlichkeit des Erben, ggf. mit seinem Privatvermögen, bestehen, § 2213 Abs. 1 BGB.[3] Aus diesem Grund muss auch der Testamentsvollstrecker, will er den Zugriff der Nachlassgläubiger auf das Privatvermögen des Erben verhindern, Nachlassverwaltung beantragen.

 

Rz. 5

Auch in ihrer Begründung unterscheiden sich beide Rechtsinstitute deutlich. Die Testamentsvollstreckung basiert auf dem freien Willensentschluss des Erblassers. Die Nachlassverwaltung wird hingegen angeordnet, wenn der Erbe oder ein Nachlassgläubiger dies beantragen. Anders als der Testamentsvollstrecker unterliegt der Nachlassverwalter einer Aufsicht durch das Nachlassgericht, §§ 1960, 1915, 1837, 1886, 1962 BGB.

 

Rz. 6

Auch als Geschäftsfeld erscheint die Nachlassverwaltung deutlich weniger lukrativ als die Testamentsvollstreckung, sofern es sich nicht um die Nachlassverwaltung an einem Unternehmen handelt und sich hierfür die in der Literatur teilweise vorgeschlagenen Vergütungskriterien durchsetzen lassen.[4]

[2] Fromm, ZEV 2006, 298.
[3] Vgl. Rott, in: Frieser, Fachanwaltskommentar Erbrecht, § 2213 Rn 9.
[4] Vgl. Fromm, ZEV 2006, 298, 300.

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