Rz. 42

Aufgrund der genannten Unterschiede mag es im Einzelfall zweckmäßig sein, eine angeordnete Testamentsvollstreckung durch eine postmortale (oder auch transmortale) Vollmacht zugunsten des Testamentsvollstreckers zu flankieren:

Auf diese Art kann der bevollmächtigte Testamentsvollstrecker schon vor Beginn seines Amtes als Testamentsvollstrecker (§ 2202 BGB) als Bevollmächtigter Handlungen (Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen) mit Wirkung für den Nachlass vornehmen[116] und ein Machtvakuum wird verhindert. Zugleich sichert die Personenidentität von Testamentsvollstrecker und Bevollmächtigtem eine Kontinuität.

Durch die Vollmacht können die Machtbefugnisse des Testamentsvollstreckers aber nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich erweitert werden. Anders als der Testamentsvollstrecker, der vom Verbot unentgeltlicher Verfügungen (§ 2205 S. 3 i.V.m. § 2207 S. 2 BGB) nicht befreit werden kann, kann die Vollmacht so ausgestaltet werden, dass der bevollmächtigte Testamentsvollstrecker als Bevollmächtigter auch unentgeltlich verfügen kann.[117]

 

Hinweis

Eine solche Erweiterung der Machtbefugnis einer einzigen Person birgt naturgemäß die Gefahr eines Missbrauchs.[118] Daher ist anzuraten, die Vollmacht zumindest aus "wichtigem Grund" widerruflich auszugestalten.[119] Das Widerrufsrecht steht dann den (einzelnen) Erben zu.[120]

Auch geht aus der Vorsorgevollmacht eine Befreiung vom Verbot des Insichgeschäftes nach § 181 BGB klar hervor, während dies bei einem Testamentsvollstreckerzeugnis unklar ist. Nach wohl noch hM ist eine Befreiung vom Verbot der Selbstkontraktion nicht in das Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB aufzunehmen. Zwar gebe es einen Verfügungsbezug, es fehle aber die Außenwirkung im Rechtsverkehr, da der Testamentsvollstrecker auf diese Weise keine Geschäfte mit Dritten mache.[121] Wenngleich diese Sichtweise zunehmend zu Recht abgelehnt wird und dafür plädiert wird, die Befreiung von § 181 BGB in das Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen,[122] mag eine flankierende Vorsorgevollmacht für die Gestaltungspraxis derzeit (noch) die größere Rechtssicherheit geben; zumal das Testamentsvollstreckerzeugnis gegenüber dem Grundbuchamt bindend ist,[123] wenn der Testamentsvollstrecker als solcher und nicht als Bevollmächtigter handelt.

Soll der Testamentsvollstrecker im Geltungsbereich einer ausländischen Rechtsordnung tätig werden, die keine Testamentsvollstreckung anerkennt, so kann die Erteilung einer Vollmacht für die Dauer der Testamentsvollstreckung helfen, wenn diese von dieser Rechtsordnung anerkannt wird.[124] Es mag ggf. auch nur den Nachweis erleichtern, für den Nachlass tätig werden zu dürfen.[125] Hier kann z.B. eine internationale Vollmacht nach dem Muster der Kommission für europäische Angelegenheiten (CAE) der internationalen Union des lateinischen Notariats (UINL) gewählt werden.[126]

Erkennt die ausländische Rechtsordnung, in deren Geltungsbereich der Testamentsvollstrecker tätig werden soll, eine post- oder transmortale Vollmacht des Erblassers nicht an, so kann der Erblasser die Erben statt dessen im Wege einer Bedingung (§§ 2074 ff. BGB) oder Auflage (§ 1940 BGB) verpflichten, dem Testamentsvollstrecker eine unwiderrufliche und verdrängende Vollmacht zu erteilen, diese zu dulden, während der Dauer der Testamentsvollstreckung die Vollmacht nicht zu widerrufen und sich eigener Tätigkeit zu enthalten.[127]

Auch die Testamentsvollstreckung im Handels- bzw. Gesellschaftsrecht wird durch eine ergänzend erteilte Vollmacht erleichtert.[128] Aufgrund des Prinzips der Selbstorganschaft und der persönlichen Haftung der Gesellschafter ist eine Dauertestamentsvollstreckung an Handelsgeschäften oder an Beteiligungen an Personengesellschaften als Komplementär oder BGB-Gesellschafter nicht möglich (Kernbereichslehre).[129] In diesen Fällen wird neben anderen eine Vollmachtlösung empfohlen.[130] Dabei werden die Erben Gesellschafter, haften bei Vererbung der Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen und werden als Gesellschafter ins Handelsregister eingetragen. Der Testamentsvollstrecker des Erblassers (trans- oder postmortal) oder der Erben (z.B. über eine Auflage oder Bedingung) erhält eine Vollmacht zur Ausübung aller Gesellschafterrechte.[131] Aufgrund dieser rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht ist er dann grundsätzlich auch berechtigt, die Erben persönlich zu verpflichten. Diese Mitwirkung des Testamentsvollstreckers in der Gesellschaft erfordert die Zustimmung der Mitgesellschafter. Die Lösung funktioniert damit nur bei Einverständnis der Erben, da eine verdrängende Vollmacht nicht möglich ist und damit nie das gleiche Ergebnis wie bei einer Testamentsvollstreckung erreicht werden kann.
 

Rz. 43

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des KG, wonach ein Vorsorgebevollmächtigter des Testamentsvollstreckers aufgrund der ihm vom Testamentsvollstrecker erteilten Generalvollmacht in dessen Namen für den Nachlass ha...

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