Rz. 70

Die maßgebliche Rechtsordnung richtet sich nach Art. 3 Rom-I-VO grundsätzlich nach der Parteivereinbarung, die auch konkludent erfolgen kann. Indizien dafür sind die einheitliche Gerichtsstandsvereinbarung,[300] die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen,[301] da diese regelmäßig auf einer bestimmten Rechtsordnung basieren, und schließlich das Prozessverhalten der Parteien.[302] Eine Prorogation, die zwischen zwei Vertragsparteien mit jeweils unterschiedlichem Gemeinschaftsstaatssitz erfolgt, unterliegt in ihrer Beurteilung dem Art. 25 EuGVVO. Der EuGH vertritt den Standpunkt, dass der Kläger den Vertragspartner auch an seinem Wohnsitz verklagen kann, wenn er sich hiervon einen Vorteil verspricht.[303] Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung impliziert somit nicht zwingend, dass andere Gerichtsstände derogiert werden; entscheidend soll nach dem EuGH der Wille der Parteien sein, ob mögliche andere Gerichtsstände ausgeschlossen werden sollen. Durch Art. 5 Abs. 1 lit b VO (EG) Nr. 44/2001 wird entgegen der früheren Rechtsprechung[304] nunmehr ein einheitlicher Gerichtsstand des Dienstleistungsortes für alle Ansprüche (beider Parteien) aus dem Vertrag festgelegt, der am Ort der charakteristischen Leistung und damit der Tätigkeit des Handelsvertreters ist.[305]

[300] Vgl. OLG Düsseldorf WM 1971, 968, 970; Emde/Valdini, ZVertriebsR 2016, 353 ff.
[301] Vgl. BGH RIW 1976, 447, 448; MüKo/v. Hoyningen-Huene, § 84 Rn 109.
[302] Vgl. BGHZ 53, 189, 193; BGH NJW 1988, 1592; MüKo/v. Hoyningen-Huene, § 84 Rn 110.
[303] EuGH v. 9.11.2000, ABl EG C 381/98, ZIP 2000, 2108; Zöller/Geimer, Art. 25 EuGVVO.
[304] BGH WM 1988, 135 ff.: § 29 ZPO entscheidend.
[305] Emde, RIW 2003, 505, 508 (ab S. 509 ff. zum Einheitsgerichtsstand außerhalb der EuGVOO); Staub/Emde, vor § 84 Rn 389 ff.; so vom BGH für den Anwaltsvertrag entschieden: BGH NJW 2006, 1806 ff.; OLG Oldenburg BB 2014, 642: bei Tätigkeit in unterschiedlichen EU-Staaten Sitz des Handelsvertreters entscheidend; vgl. auch EuGH v. 14.7.2016 – C-196/15, ZVertriebsR 2017, 56 zur internationalen Zuständigkeit bei langjährigen Geschäftsbeziehungen ohne Rahmenvertrag.

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