Rz. 40

Versicherungsschutz besteht für die Verteidigung des Versicherungsnehmers oder des Mitversicherten wegen des Vorwurfs, ein nicht zum Verkehrsbereich gehörendes Vergehen begangen zu haben. Das Vergehen muss sowohl fahrlässig als auch vorsätzlich begehbar sein, wobei dem Betroffenen vorgeworfen werden muss, das Vergehen fahrlässig begangen zu haben. Nur dann besteht von vornherein Rechtsschutz. Schlussendlich muss es bei einer Verurteilung wegen Fahrlässigkeit im rechtskräftigen Urteil verbleiben, sonst entfällt hier der Rechtsschutz im Nachhinein.

 

Rz. 41

Eine Änderung gegenüber der Regelung in den ARB 75 ergibt sich nicht, auch wenn der Wortlaut des § 2i bb ARB 2010 gegenüber der Bestimmung des § 4 Abs. 3a ARB 75 aus Gründen der Klarstellung verändert bzw. ergänzt wurde.

 

Rz. 42

Nicht versichert ist der Vorwurf, ein Verbrechen begangen zu haben. Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind.[13] Da es immer wieder Probleme bei der Auslegung mit der Bestimmung des § 4 Abs. 3a ARB 75 gegeben hat, obwohl auch diese eindeutig war, ist diese Bestimmung zur Klarstellung in die ARB 94 erstmalig eingeführt worden. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob Rechtsschutz im Straf-Rechtsschutz besteht, ist einzig und allein der von der Staatsanwaltschaft erhobene Strafvorwurf. Wird der Versicherungsnehmer wegen eines Verbrechens angeklagt, so besteht grundsätzlich kein Rechtsschutz. Auch dann nicht, wenn die Anklage zu Unrecht erhoben worden ist.[14]

 

Rz. 43

Nicht versichert ist der Vorwurf eines Vergehens, dass nur die vorsätzliche Begehungsform kennt. Vergehen sind Straftaten, die mit einem Mindestmaß von unter einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe bedroht sind.[15] Das Strafrecht unterscheidet zwischen Vergehen, die nur eine vorsätzliche Begehungsform, und solchen, die beide Begehungsformen, also die fahrlässige wie auch die vorsätzliche, kennen. Rechtsschutz besteht nicht, wenn die Begehung eines nur vorsätzlich begehbaren Vergehens vorgeworfen wird. Auch dies ist nicht neu. Die Klarstellung in den ARB 94 und 2008 war aber notwendig, da es in der Schadenregulierung regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern gekommen ist, insbesondere bei Vergehen wie Beleidigungen. Beispielhaft weisen die ARB 2010 darauf hin, dass kein Versicherungsschutz beim Vorwurf der Beleidigung, des Diebstahls oder Betruges besteht. Auch dies erfolgte aus Gründen der Klarstellung für den Versicherungsnehmer als juristischen Laien. Die Aufzählung ist selbstverständlich nicht abschließend. Die weitaus meisten Vergehen sind solche, die nur vorsätzlich begehbar sind. Hierzu gehören:

die Beleidigung, die üble Nachrede, die Verleumdung nach §§ 185 ff. StGB,
der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB,
die falsche Verdächtigung nach § 164 StGB,
die Begünstigung nach § 257 StGB,
der Diebstahl nach § 242 StGB,
die Unterschlagung nach § 246 StGB,
die Hehlerei nach § 249 StGB,
der Betrug nach § 263 StGB,
die Urkundenfälschung nach 286 StGB,
die Sachbeschädigung nach §§ 303305 StGB,
die unterlassene Hilfeleistung nach § 330c StGB,
hinzukommen weitere Straftatbestände aus dem StGB und den strafrechtlichen Nebengesetzen.
 

Rz. 44

Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob Rechtsschutz im Straf-Rechtsschutz besteht, ist einzig und allein der von der Staatsanwaltschaft erhobene Strafvorwurf. Nicht entscheidend ist bei den nur vorsätzlich begehbaren Vergehen der Ausgang des Strafverfahrens. Auch bei einem Freispruch, in diesem Falle zahlt allerdings die Staatskasse die Kosten des Angeklagten, oder bei einer Einstellung des Verfahrens bleibt es bei der ursprünglichen Verneinung des Rechtsschutzes. Dies ist in den ARB 2010 in § 2 Abs. i bb ausdrücklich festgehalten. Auch wenn dies nur eine Klarstellung gegenüber den ARB 75 ist, hilft sie, Streitigkeiten wegen der Rechtsschutzzusage zu verhindern. Bei Verträgen nach den ARB 75 gab es an dieser Stelle immer wieder unnötigen Streit zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern.

 

Rz. 45

Im Verhältnis zu den nur vorsätzlich begehbaren Vergehen ist die Zahl der Vergehen, die auch die fahrlässige Begehungsform kennen, sehr beschränkt. Hierzu zählen:

die falsche Versicherung an Eides statt, der fahrlässige Falscheid nach § 163 i.V.m. §§ 154156 StGB,
die Gewässerverunreinigung nach § 324 StGB,
die Störung von Fernmeldeanlagen nach § 317 StGB.
 

Rz. 46

Das wichtigste auch fahrlässig begehbare Vergehen ist die Körperverletzung nach § 229 StGB. Dieser Straftatbestand deckt sich vollinhaltlich mit der einfachen – vorsätzlich begehbaren – Köperverletzung nach § 223 StGB.

Probleme gibt es regelmäßig mit der Zuordnung der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB. Dieser Straftatbestand muss den nur vorsätzlich begehbaren Körperverletzungen zugerechnet werden. Es besteht zwischen diesem Tatbestand und dem der fahrlässigen Körperverletzung keine Tatbestandsidentität. Der qualifizierte Tatbes...

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