Rz. 27

In zwei Punkten unterscheidet sich der Strafrechtsschutz im Verkehrsbereich der ARB 94/2008 von dem in den ARB 75. Zum einem bezieht sich der Straf-Rechtsschutz in dieser Form nicht auf verkehrsrechtliche Verbrechen, und zum anderen ist die Regelung bezüglich der im Rausch begangenen Verkehrsdelikte nach § 323a StGB entfallen.

 

Rz. 28

Versichert ist im verkehrsrechtlichen Teil des Straf-Rechtsschutzes nur die Verteidigung des Versicherungsnehmers, wenn ihm ein verkehrsrechtliches Vergehen vorgeworfen wird. Verkehrsrechtliche Strafvorwürfe sind alle diejenigen, die die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs betreffen, also diejenigen, die den Versicherungsnehmer selber, aber auch alle anderen Verkehrsteilnehmer vor Gefährdungen oder Schäden schützen sollen.[3] Erfasst ein Straftatbestand diese Zielrichtung, so ist dieser zu den verkehrsrechtlichen Vorschriften zu rechnen. Umfasst werden hier nicht nur Vorschriften, die den Straßenverkehr betreffen, sondern auch solche, die den Luft-, Wasserstraßen- und Schienenverkehr betreffen. Allerdings nur dann, wenn Flugzeuge, Schiffe, Schienenfahrzeuge vom Versicherungsschutz der abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung umfasst sind.

 

Rz. 29

Zu den verkehrsrechtlichen Straftaten gehören u.a.:[4]

Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)
Kennzeichenmissbrauch (§ 22 StVG)
missbräuchliches Herstellen, Vertreiben oder Ausgeben von Kennzeichen (§ 22a StVG)
unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)
gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)
Gefährdung des Straßenverkehrs – Trunkenheit im Straßenverkehr – (§ 315c StGB), und für den Schienenverkehr (§ 315d StGB)
Trunkenheit im Verkehr (316 StGB)
Straftatbestände im Hinblick auf den Luftverkehr enthalten neben den Bestimmungen des StGBs auch die §§ 59, 60, 62 Luftverkehrsgesetz
Straftatbestände, die den Schiffsverkehr, die Binnenschifffahrt wie auch die große Fahrt betreffen.
 

Rz. 30

Sofern Straftaten, die an sich keine verkehrsrechtlichen Vergehen sind, mit verkehrsrechtlichen Vergehen oder Ordnungswidrigkeiten zusammentreffen, besteht ebenfalls für den gesamten Strafvorwurf Rechtsschutz. In Betracht kommen vor allen Dingen:

Körperverletzung (§§ 223, 224, 226 StGB)
Nötigung (§ 240 StGB)
Fälschung technischer Aufzeichnungen – Tachoscheibe in LKWs – (§ 268 StGB)
Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 113, 114 StGB)
unbefugte Benutzung eines Kraftfahrzeuges (§ 248b StGB).[5]
 

Rz. 31

Es muss in diesen Fällen ein innerer Zusammenhang mit einem Verstoß gegen eine verkehrsrechtliche Vorschrift gegeben sein. Eine typische Fallkonstellation ist die Verursachung eines Verkehrsunfalls, bei dem der Unfallgegner verletzt wird. Zudem der Fall des zu dichten Auffahrens auf den Vordermann auf der Autobahn unter gleichzeitiger Benutzung der Lichthupe. Hier liegt neben dem Verkehrsverstoß ein Fall der vorsätzlichen Nötigung nach § 240 StGB vor. Auch in diesem Fall besteht zunächst Rechtsschutz.[6]

 

Rz. 32

Rechtsschutz besteht auch für Verstöße gegen § 6 PflVG und § 9 AusländerPflVG, also wenn dem Versicherungsnehmer vorgeworfen wird, vorsätzlich oder fahrlässig ein nicht versichertes Fahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben. Diese Regelung dient zwar nicht der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs. Sie soll aber Ersatzansprüche von Unfallopfern sicherstellen.

 

Hinweis

Beim Führen eines nicht versicherten Fahrzeuges besteht die Möglichkeit einer Obliegenheitspflichtverletzung im Sinne der §§ 21 Abs. 8, 22 Abs. 5, 26 Abs. 5, 27 Abs. 5, 28 Abs. 6 ARB 2010. Bei vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit besteht kein Rechtsschutz. Bei grob fahrlässiger Verletzung kann der Versicherer seine Leistung im Verhältnis zur Schwere der Schuld kürzen. Rechtsschutz bleibt nur bestehen bei einfacher Fahrlässigkeit, oder wenn der Betroffenen ohne Verschulden keine Kenntnis vom Fehlen der Zulassung hat.

Unter verkehrsrechtliche Normen sind auch solche zu subsumieren, die die Folgen von Verkehrsunfällen betreffen. Betroffen ist der Versicherungsnehmer hier in seiner Eigenschaft als Eigentümer oder Halter eines Fahrzeuges.[7] Unter verkehrsrechtlichen Straftatbestimmungen kann man grundsätzlich auch solche verstehen, die den Versicherungsnehmer oder den Mitversicherten in seiner Eigenschaft als Halter, Eigentümer, Besitzer oder Fahrer eines Fahrzeuges treffen.[8]

 

Rz. 33

Begeht der Versicherungsnehmer nacheinander, ohne dass noch ein innerer Zusammenhang besteht, mehrere selbstständige Handlungen, zunächst eine Verkehrsstraftat und dann ein nicht mehr dem verkehrsrechtlichen Bereich zuzuordnendes Vergehen, so besteht nur anteilig Versicherungsschutz für die Verteidigung wegen des verkehrsrechtlichen Vergehens. Zu gewichten ist anhand der Schwere der einzelnen Vergehen im Verhältnis untereinander.[9] Bei der Gewichtung kann man sich nach der Höhe der Strafzumessung der einzelnen Straftaten richten.

 

Rz. 34

Rechtsschutz besteht für die Verteidigung des Versicherungsnehmers oder der Mitversicherten. Diese beginnt im Regelfall mit der ...

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