aa) Unbeschränkte Vollstreckung

 

Rz. 292

Nach § 781 ZPO bleibt die Haftungsbeschränkung in der Zwangsvollstreckung unberücksichtigt, bis aufgrund der beschränkten Erbenhaftung von dem Erben Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung erhoben werden. Solange nicht die Beschränkung der Haftung aus dem Titel durch richterlichen Ausspruch geklärt ist, weil der Erbe ohnehin nur zur Leistung aus dem Nachlass oder zur Duldung der Zwangsvollstreckung in bestimmte Gegenstände verurteilt ist, muss der Erbe den richterlichen Ausspruch durch haftungsbeschränkende Klage nach § 785 ZPO herbeiführen.

bb) Die verschiedenen Klageziele des § 785 ZPO

(1) Inhalt der Verweisung

 

Rz. 293

Das Gesetz verweist in § 785 ZPO wegen der im Rahmen der §§ 781784 ZPO erhobenen Einwendungen auf die Vollstreckungsgegenklage. Aber die Klageziele des § 785 ZPO sind nicht einheitlich:

Teils geht es darum, die Beschränkung des Titels auf den Nachlass geltend zu machen. Bei dieser Alternative befasst sich die Klage mit dem Inhalt des Titels; sie ist deshalb ein Sonderfall der Vollstreckungsgegenklage.
Teils geht es darum, die Nichthaftung eines bestimmten Gegenstandes geltend zu machen. Dies ist ein Sonderfall der Drittwiderspruchsklage.

Fazit: Das Gesetz fasst zwei unterschiedliche Klagetypen zu einer einzigen Klageform zusammen. Die Verweisung auf § 767 Abs. 1 ZPO führt zu einer einheitlichen Zuständigkeit.

(2) Vollstreckungsgegenklage

 

Rz. 294

Zielt die Klage gegen den Titel und ist sie darauf gerichtet, die Vollstreckungsfähigkeit des Titels allgemein auf den Nachlass zu begrenzen, dann handelt es sich um eine Sonderform der Vollstreckungsgegenklage. Denn in diesem Fall werden materiell-rechtliche Einwendungen gegen die titulierte Forderung erhoben, deren Erfüllung sich auf den Nachlass beschränkt, § 767 ZPO.

(3) Drittwiderspruchsklage

 

Rz. 295

Ist die Klage darauf gerichtet, einen bestimmten Vollstreckungszugriff auf einen konkreten Gegenstand für unzulässig zu erklären, so liegt eine Drittwiderspruchsklage vor, § 771 ZPO.

(4) Prozessrechtliche Unterschiede der verschiedenen Klageziele

 

Rz. 296

Wird vom Antrag der Vollstreckungsgegenklage zum Antrag der Widerspruchsklage gewechselt, so handelt es sich um eine Klageänderung, deren Voraussetzungen sich nach § 263 ZPO richtet. Werden beide Anträge nebeneinander gestellt, so liegt eine objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO vor.

 

Rz. 297

 

Formulierungsbeispiel: Antrag für Klagehäufung

Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des (...)gerichts (...) vom (...) – Az. (...) – in das nicht zum Nachlass des am (...) verstorbenen (...) gehörende Vermögen, insbesondere in folgende beim Kläger gepfändete Gegenstände (...), wird für unzulässig erklärt.

Zulässigkeit und Begründetheit jedes dieser Anträge sind gesondert zu prüfen.

cc) Die Widerspruchsklage gegen Vollstreckungsmaßnahmen

 

Rz. 298

Hauptfall der an § 771 ZPO anzulehnenden Widerspruchsklage ist die Abwehr einer Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben.

Hat der Erbe die Haftungsbeschränkung durch Nachlassinsolvenz, Nachlassverwaltung, Erschöpfungseinrede, Dürftigkeitseinrede oder Überschwerungseinrede herbeigeführt, so kann er den Zugriff eines Nachlassgläubigers auf sein Eigenvermögen abwehren und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen in sein Eigenvermögen verlangen, vgl. § 784 Abs. 1 ZPO.

Kläger ist in den Fällen der §§ 781783, 784 Abs. 1 ZPO der Erbe, im Fall des § 784 Abs. 2 ZPO der Nachlassverwalter. Beklagter ist der Nachlassgläubiger.

 

Rz. 299

 

Formulierungsbeispiel: Antrag für Widerspruchsklage

Die Zwangsvollstreckung in die Gegenstände (...) (Bezeichnung so genau wie möglich) wird für unzulässig erklärt.

Wird die Widerspruchsklage mit einer haftungsbeschränkenden Vollstreckungsgegenklage verbunden, so sollte dies zweckmäßigerweise durch zwei getrennte Anträge zum Ausdruck gebracht werden:

 

Rz. 300

 

Formulierungsbeispiel: Klageantrag für Vollstreckungsgegenklage und Widerspruchsklage

Es wird beantragt,

1. die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des (...)gerichts (...) vom (...) – Az. (...) – für unzulässig zu erklären und
2. die Pfändung des Gegenstandes (...) (genau zu bezeichnen) für unzulässig zu erklären.
 

Rz. 301

Begründet ist die Klage im Falle der §§ 781, 784 Abs. 1 ZPO, wenn der Erbe die Haftungsbeschränkung herbeigeführt hat und wenn wegen einer Nachlassverbindlichkeit in sein Eigenvermögen vollstreckt worden ist.

Es braucht also nur noch darüber entschieden zu werden, ob der Vollstreckungsgegenstand Eigenvermögen des Erben ist oder ob er zum Nachlass gehört. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Kläger (= Erbe).

Ein der Klage stattgebendes Urteil wird für vorläufig vollstreckbar erklärt und gem. § 775 ZPO (Einstellung und Beschränkung der Zwangsvollstreckung) vollzogen.

Wird danach ein anderer Gegenstand gepfändet und macht der Erbe wiederum geltend, dieser gehöre auch zu seinem Eigenvermögen, so muss erneut Klage erhoben werden. U.a. daran ist zu erkennen, dass es sich in diesem Fall um eine Widerspruchsklage handelt und nicht um eine Vollstreckungsgegenklage, denn die Vollstreckungsgegenklage führt zu einem Urteil, das die Zwangsvollstreckung aus dem Ersturteil insgesamt für unzulässig erklärt und nicht nur bezüglich einzelner Gegenstände.

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