Rz. 75

Der umsichtige Kautelarjurist wird es – sowohl im Personen- als auch im Kapitalgesellschaftsrecht[122] – auf die vorstehende Streitfrage nicht ankommen lassen. Er wird regeln, ob eine dauerhafte Vertretung durch einen Vorsorgebevollmächtigten der Zustimmung der Mitgesellschafter bedarf und ob diese Zustimmung an die Bedingung geknüpft wird, dass sich der Vorsorgebevollmächtigte der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht unterwirft. Im Kapitalgesellschaftsrecht – wo es der Zustimmung der Mitgesellschafter für eine Vertretung durch einen Vorsorgebevollmächtigten grundsätzlich nicht bedarf – ist zu beachten, dass die Anforderungen für eine Vertretung nicht zu weit gefasst werden. Denn selbst bei personalistisch strukturierten Kapitalgesellschaften dürfen Einschränkungen der grundsätzlich zulässigen Vertretung nicht zur Stimmrechtslosigkeit führen.[123] Eine in die Satzung von einer personalistisch strukturierten GmbH aufgenommene Bedingung, dass sich ein Vorsorgebevollmächtigter der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht unterwirft, schränkt eine Vertretung nicht unzulässig ein. Im Verhältnis zu der häufig verwendeten und zulässigen Einschränkung,[124] dass zur Vertretung nur Mitgesellschafter und/oder zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe bevollmächtigt werden können, handelt es sich insoweit um ein Minus.

Muster 2.3: Gesellschaftsvertragliche qualifizierte Zustimmung mit Treuepflichtsunterwerfung

 

Muster 2.3: Gesellschaftsvertragliche qualifizierte Zustimmung mit Treuepflichtsunterwerfung

Alle Gesellschafter stimmen der dauerhaften Vertretung eines Mitgesellschafters durch einen Vorsorgebevollmächtigten zur Vermeidung einer sonst notwendigen Anordnung einer Betreuung zu, sofern die Vorsorgevollmacht zumindest in notariell beglaubigter Form erteilt ist und nicht unter einer im Außenverhältnis zu überprüfenden Bedingung steht. Weitere Voraussetzung der Zustimmung ist, dass sich der Vorsorgebevollmächtigte gegenüber den Gesellschaftern und der Gesellschaft schriftlich zur Einhaltung der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht verpflichtet. Unter diesen Voraussetzungen sind die Mitgesellschafter bereits jetzt uneingeschränkt mit der Dauervertretung einverstanden.

[122] Vgl. dazu auch Heckschen, NotBZ 2012, 321, 323.
[123] Vgl. Heckschen, NotBZ 2012, 321, 323 m.w.N.
[124] Vgl. Jocher, notar 2014, 3, 6.

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